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Der Prophet provoziert nicht mehr

STILLE Eine Comic-Biografie über Mohammed wird kollektiv ignoriert

Die Comic-Biografie „Anfänge eines Propheten“ in der französischen Satirezeitung Charlie Hebdo über den Propheten Mohammed hat bei Weitem nicht dieselben Reaktionen provoziert wie frühere vergleichbare Publikationen zum Islam. Als Charlie Hebdo im letzten September seine „Halal-Ausgabe“ mit Karikaturen eines Propheten Mohammed in Rollstuhl publizierte, gab es empörte Kritik nicht nur seitens islamischer Organisationen über eine angeblich unnötige Provokation. Diese enorme Diskrepanz der öffentlichen Reaktionen fällt auf.

Sie ist nicht allein den beruhigenden Erklärungen zuzuschreiben, mit denen Charlie-Hebdo-Herausgeber Stéphane Charbonnier seine Zeichnungen als „seriös“ und „pädagogisch“ gemeint darstellte – und dann aber doch meinte: „Wer schockiert sein will, wird schockiert sein.“

Nicht mal das scheint nun zu stimmen. Der repräsentative Rat der Muslime Frankreichs (CFCM), der beim ersten Mal noch gegen die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen (erfolglos) gegen Charlie Hebdo geklagt hatte, beschränkt sich dieses Mal darauf, von einer „pathologischen Obsession“ und einem „feigen Opportunismus“ der Karikaturisten zu sprechen, den die Muslime in Frankreich „mit Verachtung ignorieren“ sollten.

Auch den meisten französischen Medien war der Comic kaum eine Zeile wert. Eine intensive Debatte fand aber auf Twitter statt, wo ein Mitarbeiter des türkischen Premiers Erdogan, Ibrahim Kalin, kritisierte: „Den Propheten in eine Comic-Figur zu verwandeln, ist an sich schon ein Fehler.“ Allen recht machen wollte es die Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem, die sich für die Verteidigung der Meinungsfreiheit ausspricht, zugleich jedoch mahnt, es sei „nicht notwendig, Öl ins Feuer zu gießen“. RUDOLF BALMER, PARIS

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