Klimaschutz

Vor einem Monat unterzeichneten die Politiker das historische„Pariser Abkommen“. Was soll – und was muss – nun geschehen?

Mehr Ökostrom, aber gleich viel CO2

Klimaschutz Nach dem Abkommen von Paris sucht die Bundesregierung nach Wegen, ihre zugesagten Ziele zu erreichen – oder sogar zu verschärfen

BERLIN taz | Einen Monat nach dem Erfolg des „Pariser Abkommens“ beim Klimaschutz hat die Debatte begonnen, was der Deal für Deutschland bedeutet. Während Politik und Verbände den Kompromiss von Paris loben – und der Bundesverband der Industrie warnte, es jetzt bloß nicht zu übertreiben mit dem Klimaschutz –, streiten Insider und Experten darüber, an welchen Stellschrauben zu drehen ist.

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat angekündigt, bis zum Sommer einen Plan zum geordneten Ausstieg aus der Kohlenutzung vorzulegen. Zwar ist das Umweltministerium anders als früher gar nicht mehr für die erneuerbaren Energien zuständig. Aber ihr Staatssekretär Jochen Flasbarth fordert im taz-Interview jetzt, diese schneller auszubauen als derzeit geplant – nicht nur, um die ehrgeizigen Ziele von Paris zu erreichen, sondern auch, weil umso mehr Strom aus Wind und Sonne gebraucht wird, je stärker die Bereiche Verkehr und Heizenergie ohne CO2-Emissionen auskommen („dekarbonisiert“ werden) sollen. Den Einbruch beim Solarausbau sieht man im Umweltministerium darum mit großer Sorge.

Auch im Verkehrsbereich drückt das Umweltministerium aufs Tempo. Die Regierung will, dass bis zum Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen unterwegs sind – doch das ist ohne zusätzliche Anreize nicht zu erreichen. Ein Konzept von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, wonach jedes Elektrofahrzeug beim Kauf mit 5.000 Euro bezuschusst werden soll, scheitert bisher am Widerspruch des Finanzministeriums – auch weil zur Gegenfinanzierung die Mineralölsteuer um einen Cent steigen sollte. Doch das Kanzleramt drängt hier mittlerweile ebenfalls zur Eile. Es hat nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die zuständigen Ministerien für kommenden Montag einbestellt, um eine Einigung zu erreichen.

Unklar ist zudem die Zukunft der Kohle. Der Thinktank „Agora Energiewende“ wird am 13. Januar seine Vorschläge für den Ausstieg aus der Braunkohle veröffentlichen. Ein Ende für die Kohle ist aus Sicht der Experten dringend nötig, denn „die Klimabilanz des deutschen Stromsystems hat sich im vergangenen Jahr kaum verbessert“, sagt Agora-Direktor Patrik Graichen. „Die Treibhausgas­emissionen sind sogar leicht angestiegen.“

Dabei wurde mehr Ökostrom denn je erzeugt. Durch ein gutes Jahr für Wind und Sonne stieg der Anteil des grünen Stroms an der Gesamtproduktion um fast fünf Prozentpunkte auf 30 Prozent, beim Verbrauch sogar auf 32,5 Prozent. Aber weil die Kohlekraftwerke weiterlaufen, wurden etwa zehn Prozent des deutschen Stroms exportiert – und mit ihm auch ein ordentlicher Teil der etwa 110 Millionen Tonnen CO2-Einsparung, die der Ökostrom jährlich bringt.

Die deutschen CO2-Emissione sind dagegen im vergangenen Jahr nach vorläufigen Schätzungen des Expertengremiums „Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen“ etwa gleich geblieben – die Energie wurde etwas grüner, aber wegen der kühlen Witterung wurde mehr geheizt. „Temperaturbereinigt liegen die CO2-Emissionen etwa zwei Prozent unter dem Vorjahreswert“, schreiben die Experten.

Malte Kreutzfeldt und Bernhard Pötter