Wirtschaftsforum für mehr Asyl: Davos sieht Flüchtlinge positiv

Manager und Ökonomen betonen im Schweizer Bergort die Vorteile der Einwanderung für die betroffenen Länder – Politiker die Nachteile.

Auch für Aktivisten waren die Flüchtlinge Thema in Davos. Foto: ap

Davos taz | Beim Weltwirtschaftsforum 2016 in Davos, das am Samstag zu Ende ging, haben sich viele Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wissenschaft pro Einwanderung geäußert. So veröffentlichte das WEF einen Artikel des Oxford-Professors Ian Goldin unter dem Titel „Wie Immigration die Welt verändert hat – zum Besseren“. Politiker brachten dagegen überwiegend Skepsis und Abwehr zum Ausdruck.

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sagte beim WEF, Europa müsse in den „nächsten sechs bis acht Wochen“ einen Weg finden, um die Zuwanderung in den Griff zu bekommen und zu reduzieren. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zufolge ist die Zahl der Flüchtlinge zu hoch, „und wir müssen uns darauf konzentrieren, sie schnell zurückzuführen“. Die Erfahrung zeige jedoch, argumentierte Ian Goldin, dass Einwanderung meist ökonomischen Nutzen mit sich bringe. Ein Beleg: In den USA seien Migranten daran beteiligt gewesen, Unternehmen wie Google, Intel und Yahoo zu gründen.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) brachte anlässlich des WEF seine neue Studie „Die Flüchtlingswelle in Europa – Wirtschaftliche Herausforderungen“ heraus. Insgesamt beurteilt der IWF die ökonomischen Aussichten der Einwanderung verhalten positiv. „Der Effekt für einheimische Beschäftigte ist in der Regel klein“, heißt es. Migranten würden also den Alteingesessenen nicht die Arbeitsplätze wegnehmen – darauf deuteten die Erfahrungen mit Einwanderungswellen hin. Ein Grund dafür: Neuankömmlinge würden häufig in anderen Segmenten des Arbeitsmarktes Fuß fassen, als sie für Einheimische relevant seien. Als Beispiele können hier türkische Restaurants und Gemüsegeschäfte gelten, die es vor der türkischen Einwanderung nicht gab.

Kurzfristig wird nach Ansicht des IWF die Wirtschaftsleistung in den Staaten mit hoher Einwanderung steigen – vornehmlich Deutschland, Österreich und Schweden. Die Nachfrage ziehe an, was auch wieder zu mehr Arbeitsplätzen führen könne. Die langfristige Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts hänge hingegen davon ab, wie schnell und gut die Flüchtlinge Jobs fänden.

Ausnahmen für Einwanderer beim Mindestlohn

Um die Integration in den Arbeitsmarkt zu beschleunigen, schlägt der Fonds vor, begrenzte Ausnahmen für Einwanderer beim Mindestlohn zuzulassen. Dann könnte es den Flüchtlingen leichter fallen, Stellen zu finden. Zudem plädieren die IWF-Experten dafür, das Arbeitsverbot für Migranten zu lockern oder aufzuheben. Dies reduziere die Kosten für den Staat, weil sie für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen könnten. Ferner warnt der Fonds davor, die Freizügigkeit zu beschränken. Das verhindere laut IWF, dass die Flüchtlinge dorthin gehen, wo sie Arbeit finden.

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