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American PieLob der Stubenhockerei

SPÄTIS Weil sich Profis nachts immer wieder in Gefahr bringen, gelten nicht nur in der NFL Ausgangssperren als Mittel der Wahl

Für einen Moment ist Kristaps Porzingis die ungeteilte Aufmerksamkeit der New Yorker Sportpresse los. Der Lette ist in seinem ersten NBA-Jahr für die Knicks die positive Überraschung, Experten und Fans überschlagen sich mit Superlativen für den 2,21 Meter großen Neuling. „Betet für meinen Bruder Cleanthony“, tweetete Porzingis vor wenigen Tagen.

Kurz vor Jahreswechsel wurde Porzingis’ Teamkollege Cleanthony Early angeschossen. Der 24-Jährige war wohl einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Nach einem Nachtklubbesuch mit Freundin im New Yorker Stadtteil Queens soll gegen 4.30 Uhr am frühen Morgen ein halbes Dutzend maskierter Männer über Earlys Wagen hergefallen sein. Schlimmste Befürchtungen nach dem Schuss in die Kniescheibe bewahrheiteten sich nicht, Early geht es wieder besser, der 2,03-Meter-Mann wird den Knicks jedoch auf unbestimmte Zeit fehlen. „Ich werde besser zurückkehren als jemals zuvor“, schrieb Early in einem Instagram-Post mit Foto aus dem Krankenbett.

Es ist ein vermeintlich wunder Punkt im größten Basketball-Betrieb der Welt: Die NBA ist die einzige in der Phalanx der vier großen Sportligen der USA, die auf nächtliche Ausgangssperren für Spieler verzichtet. Zwar entscheiden sich Trainer in Ausnahmefällen für eine Ausgangssperre vor bedeutenden Spielen, Alltag wie in Baseball, Eishockey und Football sind derartige Maßnahmen jedoch nicht. Besonders die Regelungen in der Football-Liga NFL gelten als rigoros. So musste Eddie Lacy, als talentierter Running Back wichtiger Teil der Offensive der Green Bay Packers, nach einem Verstoß gegen die verordnete Bettruhe über weite Strecken der Partie gegen die Detroit Lions Anfang Dezember zuschauen, obwohl der 25-Jährige zuvor Bestleistungen abgeliefert hatte. Noch weniger Glück hatte Lacys Teamkollege Alonzo Harris, von dem sich die Packers trennten.

„Für junge Spieler kann so eine Ausgangssperre hilfreich sein“, schreibt Ryan Riddle, einst als Defensive End für mehrere NFL-Teams aktiv. „Aber wenn erwachsene Männer verhätschelt und behandelt werden wie kleine Kinder, hört es für mich auf.“ Auch in der NBA stößt die Idee auf wenig Gegenliebe. „Ich bin nicht dafür, unseren Spielern ständig vorzuschreiben, was sie dürfen und was nicht“ sagte Knicks-Trainer Derek Fisher. Womöglich verzerrt auch die zuletzt ungewöhnliche Häufung kurioser bis beängstigender Vorfälle den Blick: Erst zehn Tage vorm Überfall auf Early stand dessen Knicks-Teamkollege Derrick Williams im Rampenlicht: Zwei Damen, die Williams aus einem Klub nach Hause begleitet hatten, erleichterten den schlafenden Schwerenöter um Juwelen im Wert von 617.000 US-Dollar. Im November fiel Center Jahlil Okafor von den Philadelphia 76ers negativ auf. Der massige Spieler ließ sich vor einem Bostoner Nachtklub zu einer Tätlichkeit gegen einen Fan hinreißen.

„Wir nehmen solche Vorfälle nicht auf die leichte Schulter“, sagte 76ers-Coach Brett Brown. „Wir geben uns alle Mühe, unsere Spieler zu sensibilisieren und zu disziplinieren.“ Im vergangenen April wurden der damalige Indiana-Pacers-Spieler Chris Copeland und dessen Ehefrau in New York mit einem Messer angegriffen und verletzt, ebenfalls während eines nächtlichen Ausflugs.

„Nach drei Uhr nachts kann nichts Gutes mehr passieren“, bringt es Brown auf den Punkt. Earlys Mitspieler Porzingis scheint eh ungefährdet. Der 20-Jährige wohnt noch mit seinen Eltern zusammen.

David-Emanuel Digili

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