Drei belagerte Orte evakuiert

SYRIEN Mit lokalen Abkommen zwischen Regierung und Rebellen hofft die UNO, Fakten zu schaffen, die letztlich in einen landesweiten Waffenstillstand münden sollen

Ein syrischer Krankenwagen bringt einen verletzten Rebellen aus der Stadt Sabadani Foto: ap

Von Beate Seel

BERLIN taz | Zum dritten Mal seit Anfang Dezember hat die UNO in Syrien ein Abkommen vermittelt, das Kämpfern und Zivilisten freies Geleit aus belagerten Orten gibt. Am Dienstag trafen 379 Menschen aus den schiitischen Ortschaften Fua und Kafrana in Damaskus ein. Beide Orte wurden von Rebellen belagert. Bereits am Montag konnten 123 Kämpfer und Zivilisten aus Sabadani evakuiert werden, der letzten Rebellenbastion an der Grenze zum Libanon, die von Hisbollah und Regimetruppen bedrängt wurde. Sie sollen in Rebellengebiete in einem anderen Teil des Landes gebracht werden.

Vereinbarungen zwischen Vertretern des Regimes und bewaffneten Gruppen gab es schon öfter. Für eingeschlossene und ausgehungerte Zivilisten und Kämpfer sind solche Abmachungen meist aus der Not geboren. Nach Schätzungen der UNO leben derzeit 400.000 Menschen in belagerten Orten, die kaum Zugang zu Lebensmitteln oder medizinischer Versorgung haben. Zuletzt verließen Anfang Dezember im Rahmen einer Übereinkunft die letzten bewaffneten Oppositionsgruppen den Stadtteil Waer in der ehemaligen Oppositionshochburg Homs.

Vergangene Woche ließ sich erstmals der „Islamische Staat“ (IS) in Damaskus auf ein derartiges Abkommen ein und verpflichtete sich, aus dem palästinensischen Flüchtlingslager Jarmuk und dessen Umgebung abzuziehen. Der Deal mit dem Regime sah vor, dass 2.000 Kämpfer des IS und anderer Gruppen in 18 Bussen in die Stadt Rakka, die IS-Hochburg im Osten des Landes, evakuiert werden. Für die Route – sie führt durch eine Region, die von der Miliz Armee des Islam kontrolliert wird – wurde freies Geleit zugesichert. Doch nachdem am Freitag der Chef der Gruppe bei einem Bombenangriff starb, wurde das Abkommen zunächst ausgesetzt. Die Armee des Islam bekämpft sowohl Assad als auch den IS.

Der Deal wäre ein Erfolg für Präsident Baschar al-Assad gewesen. Damit wäre die Kontrolle über ein Gebiet, das nur vier Kilometer südlichen des Stadtzentrums von Damaskus liegt, wieder an das Regime gefallen. Für die UNO stehen diese Initiativen in einem größeren Kontext. Zum einen geht es darum, den Evakuierten endlich humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. Zum anderen könnte eine zunehmende Zahl befriedeter Orte die Chancen für einen landesweiten Waffenstillstand ebnen – eine ­Voraussetzung für die Umsetzung des Friedensplans der UNO, der in einer demokratischen Wahl 2017 mündet. Allerdings stellt sich auch die Frage, ob die Evakuierungen einer Neuordnung der Bevölkerung gemäß religiöser Zugehörigkeiten Vorschub leisten. Syrien ist ein mehrheitlich sunnitisches Land mit zahlreichen Minderheiten.