DORIS AKRAP LEUCHTEN DER MENSCHHEIT: Glücksstreben und Fußmassagen
Where is my fuckin’ happiness?“, fragt Tony Soprano, der Mafiaboss aus der TV-Serie „The Sopranos“, seine Psychotherapeutin. Schließlich sei doch in den USA das Glück verfassungsmäßig garantiert, beschwert er sich. Nein, antwortet Dr. Melfi, nicht das Glück, sondern nur das „Streben nach Glück“ sei staatlich verbrieft. Dass ausgerechnet ein Mafiaboss an den Staat appelliert, ist das hübsche Paradox in dieser fiktiven Geschichte.
Tony Soprano könnte aber stellvertretend für alle stehen, die derzeit all ihre Hoffnung auf eine Renaissance des Sozialstaats setzen. Denn wer sein verdammtes Glück von ein paar lumpigen Zuteilungen aus dem gesellschaftlichen Reichtum abhängig macht, wird schnell enttäuscht sein und braucht neben einem guten Schulden- bald auch einen guten psychologischen Berater.
Nun haben wir seit geraumer Zeit Krise; doch noch bevor sie so richtig in die Depression führen konnte, war die Krise als Chance und Kreativitätsfeld entdeckt. Umbaupläne, Reformansätze, neue Denk- und Handlungsmodelle einer ökosozialen Marktwirtschaft wurden aufgeboten, um einen neuen, einen besseren Kapitalismus zu schaffen. Freilich kommt die schwarz-gelbe Koalition diesen visionären Projekten ein wenig in die Quere. Und jetzt verkündigte der Einzelhandel auch noch die frohe Botschaft: „Die Krise macht Weihnachtspause.“ Und die geschönten Arbeitslosenzahlen dienen ebenfalls dazu, das Krisenmonster als harmloser denn befürchtet darzustellen.
Fast könnte man Mitleid haben mit der Krise, scheint sie sich doch in eine tiefe Krise gestürzt zu haben, oder wie die FAZ so schön dichtete: „In der Krisenkrise“ zu sein. So einfach wird sich die Krise aber nicht geschlagen geben und deswegen hier zwei Ratgeber: Christian Felber: „Kooperation statt Konkurrenz. 10 Schritte aus der Krise“ (Deuticke 2009). Sein Tipp: „Kleine Schritte im unmittelbaren Lebensumfeld setzen.“ Roger de Weck: „Nach der Krise. Gibt es einen anderen Kapitalismus?“ (Carl Hanser Verlag 2009). Sein Tipp: „Eigeninitiative“.
Wenn es hilft, befolgen Sie diese Tipps. Genauso gut könnten Sie es aber auch mit dem Zynismus aus Woody Allens neuem Film „Whatever works“ halten: „Wenn Sie zu jenen gehören, die sich wohlfühlen wollen, dann lassen Sie sich eine Fußmassage verschreiben.“
■ Die Autorin ist Kulturredakteurin der taz Foto: privat
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