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zwischen den rillenPercussion aus Papier und Holz

Sven Kacirek: „Songs from Oki­nawa“ (Pingipung/Kompakt)

Ein einziges Mal und nur ganz kurz fühlt man sich bei Sven Kacireks „Songs of Okinawa“ an japanischen Mainstream erinnert, an diesen speziellen Zen-Pop, den der Pianist und YMO-Mastermind Ryuichi Sakamoto so erfolgreich in seinen sanften, duldsamen Kompositionen vertritt. Dann aber schiebt der Hamburger Künstler Sven Kacirek unter jene fragile Gesangsmelodie ein derart weiches Piano in das Stück „Yonaguni No Mayagwa“, als habe Sakamoto die Passagen selbst eingespielt. Das bleibt eine Ausnahme, gleichwohl hat der Elektronika-Produzent Sven Kacirek sein neues Album vollständig der Musik Japans gewidmet.

Ihm gelingt dabei ein Kunststück: „Songs from Okinawa“ macht neugierig auf Japan und seine vielfältige Musikkultur, auf die der Hamburger unvoreingenommen reagiert. Mit anthropologischem Spürsinn lässt er sich auf die Klänge eines besonderen Ortes ein.

Die Insel Okinawa im Ostchinesischen Meer, Taiwan geografisch näher als Japan, war lange Teil eines eigenen Königreichs, ehe sie 1871 unter japanische Verwaltung gestellt wurde. Während des Pazifikkriegs fand dort 1945 eine brutale Militärschlacht unter dem alliierten Codenamen „Operation Iceberg“ statt. Seitdem gibt es eine US-Militärbasis auf Okinawa. Alte Musiktraditionen vermengen sich auf dieser Insel besonders stark mit US-amerikanischen Einflüssen wie Jazz oder Blues und kreieren einen eigentümlichen Sound.

Kacirek ist 2012 nach Okinawa gereist und mit vielen Tonaufnahmen wieder zurückgekommen. Die Gesänge der Inselbewohner, die er vor Ort aufgenommen hat, bergen simple Melodien, doch die Betonung ihrer langen Töne ist bestimmt, ihre Dehnung nuanciert. Das rau klingende Sanshin – eine Art Banjo mit nur drei Saiten – taucht in vermeintlich losen, spitzen Tönen auf, die aber präzise und konzentriere Klangphrasen bilden.

Auf „Songs from Okinawa“ ergänzt Kacirek diese hybride Folk-Musik um eigene Einspielungen. Mit Marimba, Xylophon, jenem reduzierten Klavier und raffinierter Percussion, die er aus einfachen Dingen wie Papier oder Holzstücken entwickelt, legt er die Aufnahmen aus Japan in einen neuen klanglichen Raum. Karicek macht Elektronika, nur aus Samplern, nie synthetisch, und ebenso akustisch klingt auch seine Musik.

„Songs from Okinawa“ macht neugierig auf Japan und seine vielfältige Musik

Schon einmal hat Kacirek seinen Zugang zu den Klängen anderer Erdteile auf einem Album dokumentiert. „Kenya Sessions“ heißt das schöne Werk von 2010, auf dem er Folk und Field-Recordings aus dem ostafrikanischen Land mit eigenen Elementen verband. Doch die „Kenya-Sessions“ sind dramatischer als das Japan-Projekt: Kräftiger sind darauf Kacireks melodiöse Hinzufügungen und seine perkussiven House- und Minimaltechno-Beats übertönen jeweils die Originale.

In „Songs from Okinawa“ gibt Kacirek dem Sound der südjapanischen Insel seine volle Präsenz. Dabei changieren Kacireks Eigenkompositionen zwischen Untermalung und Original. Das Stück „Koi No Hana“ etwa lässt er mit einem simplen Sanshin-Hook beginnen, um dann Keyboards hervorzuholen, die zunächst die Melodie mitspielen, sich aber im Laufe der Takte von der Tonfolge des Banjos lösen, bis die japanische und die Kacirek’sche Melodie in ein Duett treten. Eine kurze Passage, eine von vielen Feinheiten, mit denen Kacirek die unterschiedliche Herkunft der eigenen und der Insel-Klänge auf seinem Album ausspielt.

Die Aufnahmen aus Okinawa klingen immer erstaunlich flach und kontrastieren mit Kacireks perkussiven und harmonischen Geweben, die er später aus einer klanglichen Tiefe in die Tracks arbeitet. Das scheint Konzept zu sein: So wie die Entstehung dieser Sounds an zwei so unterschiedlichen Orten der Erde stattgefunden hat, so unterscheidet sich auch das Kolorit ihrer Aufnahmen. SOPHIE JUNG

Sven Kacirek, Stefan Schneider & John McEntire (Tortoise) live: 21. November, FFT Theater, Düsseldorf

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