Unternehmer Carsten Maschmeyer: Doch nicht ganz schlecht
Viele Kleinanleger sind mit Produkten von Maschmeyers ehemaligem Finanzmauscheldienst AWD arm geworden. Jetzt hilft er Flüchtlingen.
Berlin taz | Googelt man nach „Carsten Maschmeyer“ + „unglaublich böse“, finden sich keine einschlägigen Ergebnisse. Das überrascht, eilt dem Unternehmer doch ein mieser Ruf wie Donnerhall voraus. Stattdessen wird nur auf die Seite des Unternehmers verlinkt, auf der sein – dem Anschein nach sogar selbstgemachtes – Zitat zu lesen ist: „Rückwärts können Sie sich erinnern, leben können Sie nur vorwärts.“
Das ist natürlich wahnsinnig schlau und nimmt selbst seine größten Kritiker für ihn ein. Ein angenehm warmes Ziehen, das stark an das Gefühl der Verliebtheit erinnert, macht sich im Bauchraum breit.
Das Kribbeln metastasiert sogar noch weiter südwärts, liest man das gestrige Bild-Interview über das Engagement des Milliardärs: Zusammen mit seiner Frau, der Schauspielerin Veronica Ferres, hat er zwei asylsuchende Familien in seiner Villa in Hannover aufgenommen. Irgendwie hat man es ja schon geahnt: Wer Ehrendoktor der Universität Hildesheim ist, kann kein ausschließlich schlechter Mensch sein.
Dass zahllose Kleinanleger wegen Produkten aus dem Angebot von Maschmeyers ehemaligem Finanzmauscheldienst AWD viel Geld verloren, erscheint auf einmal in einem völlig neuen Licht, denn indirekt haben sie so zwei syrischen Flüchtlingsfamilien helfen können. Und das ganz ohne eigenes Zutun. Wer träumt nicht davon, sein Karma an der Tankstelle der guten Tat bis zum Anschlag aufzuladen, ohne einen Finger dafür zu rühren.
Es gibt eben nicht nur Schwarz oder Weiß. Es ist wichtig, dass das Böse medienwirksam für die gute Sache eintritt. Ohne Wenn und Aber, denn hier wird eine positive Haltung plötzlich in Kreise getragen, die man sonst nie erreicht hätte. Nicht zuletzt Bill Gates zeigt ja, dass Geld etwas bewirken kann, solange man es nicht einfach nur behält.
Veronica Ferres scheint ohnehin ein freundlicher Mensch zu sein. Gewiss hat die Schauspielerin einen guten Einfluss auf den Gatten.
Doch im Grunde wissen wir nicht, wer die treibende Kraft dieser Entwicklung im Hause Maschmeyer war. Darüber lässt uns Bild in gewohnter Verschwiegenheit im Dunkeln.
Leser*innenkommentare
27741 (Profil gelöscht)
Gast
Sie haben es ja in der Titelzeile schon erklärt. Erst macht er viele arm, dann hilft er ein paar Armen. Das kann man auch Kapitalismus nennen.
Khaled Chaabouté
Als Grafiker finde ich es immer besonders köstlich, wenn Unternehmer, die sich in Millionenhöhe von der öffentlichen Hand subventionieren lassen, sei es durch besonders günstige Erschließungsleistungen, Steuervorteile, den Zuschanzen von Aufträgen über Amigos an den Ausschreibungsrichtlinien vorbei usw., zu Weihnachten irgendeiner "Hilfseinrichtung" einen Betrag von, sagen wir, 1000 Euro vermachen und dafür dann den Scheck auf DIN A0 hochvergrößern und auf eine Leichtschaumplatte aufkaschieren lassen (Kostenpunkt ca. 80-100 Euro) und ihn zusammen mit einem fotogenen Blumenbouquet (ca. 40-50 Euro) vor den Kameras der Lokalpresse an Vertreter der "Hilfseinrichtung" übergeben.
Lowandorder
Sören Kierkegaard hat ja Recht, mit seinem Aphorismus, der sinnigerweise auch im Eingangsbereich des Deutschen Historischen Museums in Berlin zu lesen ist: "Man kann das Leben nur rückwärts verstehen, aber leben muss man es vorwärts."
Wenn man Maschis so nennen will!
Naja - eh egal -
Wer will das denn wirklich wissen?!
DR. ALFRED SCHWEINSTEIN
"Doch im Grunde wissen wir nicht, wer die treibende Kraft dieser Entwicklung im Hause Maschmeyer war."
Wohl der Selfmarketing-Berater.
Co-Bold
Köstlich :-)