: „Roma verschwinden“
MAZEDONIEN Wie unsicher Roma in einem sicheren Herkunftsland leben, belegt ein Rechercheteam
30, macht eine Ausbildung zum Rechtsanwalts-Fachangestellten. Er ist Roma und wurde in Montenegro geboren. Seit 1992 lebt er in Deutschland, jahrelang mit einer „Duldung“.
taz: Herr Abazi, werden Roma in Mazedonien verfolgt?
Femi Abazi: Das ist sehr schwer zu beantworten, auch weil der Begriff schwer zu definieren ist: Eine Verfolgung wie in Ungarn, wo rechtsradikale Trupps durch Dörfer patrouillieren, habe ich in Mazedonien nicht beobachtet. Was es allerdings gibt, ist eine Verfolgung im Geheimen.
Im Geheimen?
Es kommt vor, dass Roma verschwinden, von einem Tag auf den anderen. Sie sind dann einfach nicht mehr da.
Die könnten ausgereist sein.
Möglich ist das. Aber es ist für Roma dort schwer, das Land zu verlassen. Besonders für die zugezogenen Roma.
Woher zugezogen?
Es gibt dort zwei Roma-Gruppen: Die eine lebt seit 500 Jahren in Mazedonien, die andere ist vor dem Kosovokrieg dorthin geflohen. Die erste hat es schwer, im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ihre Kinder werden aus ethnischen Gründen in die Sonderschule gesteckt. Die andere Gruppe existiert fast nicht.
Wie ist das zu verstehen?
Sie haben oft keine Papiere, manche haben bei der Einreise einen Passersatz der UN bekommen. Wer aber keine Papiere hat, hat keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung und dessen Kinder kommen auch nicht in die Schule. Und wir sprechen über einen Zeitraum von 15 Jahren. Das betrifft eine ganze Generation.
Sind das Staatenlose?
Sie kommen aus dem Kosovo, aber sie können dorthin nicht zurück, ohne Papiere. Insofern ja, im Grunde kann man wirklich von Staatenlosen sprechen.
interview: bes
Bericht des Rechercheteams und Diskussion: 19 Uhr, Gesundheitsamt
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