: Orte statt Menschen
GEDENKEN Die Landeszentrale für politische Bildung stellt Auschwitz-Gedenkprogramm vor
Noch zwei, drei Jahre, sagt Barbara Johr von der Landeszentrale für politische Bildung, dann müssen zukünftige Gedenkveranstaltungen an die NS-Zeit ohne Zeitzeugen auskommen. Was den Versuch, junge Menschen für das Thema zu interessieren, erschweren wird, wie der Leiter der Landeszentrale, Sebastian Ellinghaus, bestätigt. „An der Authentizität der Zeitzeugen hängt viel“, sagte Ellinghaus bei der Vorstellung des diesjährigen Programms zum 27. Januar. An diesem Tag, an dem im Jahr 1945 die Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz befreit wurden, wird in Deutschland der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.
In Bremen wird mit der 87-jährigen Batsheva Dagan an diesem Tag im Rathaus noch eine Frau sprechen, die als 17-Jährige im Mai 1943 nach Auschwitz verschleppt wurde. Zuvor hatte sie in ihrer Heimatstadt Lodz im Ghetto und mit falschem Pass als Zwangsarbeiterin in Schwerin gelebt, bis sie verraten wurde und ins Gefängnis kam. Mit 20 Jahren musste sie zum Todesmarsch in den Westen antreten und wurde dann befreit, als sie im April 1945 aus einer Außenstelle des Frauen-KZ Ravensbrück fortgetrieben wurde. Anschließend ging sie nach Palästina, wo sie als Kinderpsychologin arbeitete und Kinderbücher über die Shoah schrieb. Nur drei ihrer sieben Geschwister überlebten das Lager, ihre Eltern wurden in Treblinka ermordet.
Außer Batsheva Dagan wird eine weitere Überlebende sprechen: Michaela Vidlakova, am 17. Januar in der Kirchengemeinde Alt-Aumund. Beide Frauen reden außerdem in Schulen mit Schülern und Schülerinnen.
Barbara Johr wies bei der Vorstellung des Programms auf eine Ausstellung von KünstlerInnen in einer Wohnung hin, in denen eine sechsköpfige Familie lebte, die in Auschwitz ermordet wurde. Statt Menschen müssten in Zukunft Orte an die Opfer erinnern, sagte Johr. EIB
Vom 15. Januar bis 12. März. Programm unter www.lzpb-bremen.de
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