: Im Kinosaal nachts um halb eins
RAUSCHMITTEL-REIHE „Getränke der Welt“ in Hamburg-St. Pauli: Das B-Movie zeigt den November hindurch Filme über den Alkohol und das Trinken
Der Titel klingt harmlos, aber weil die Filmreihe „Getränke der Welt“ im B-Movie läuft, also im Hamburger Stadtteil St. Pauli, ahnt man: Da geht es wohl kaum um Maracuja-Nektar oder Buttermilch. „Der Rausch wird zur existentiellen Frage“, schreibt das Kino denn auch selbst, und tatsächlich erinnert man sich gleich an existentielle Säuferfilme wie Billy Wilders „The Lost Weekend“ oder „Under the Vulcano“ nach dem Roman von Malcolm Lowry. Die stehen nun beide nicht auf dem B-Movie-Programm, dafür immerhin der beinahe acht Stunden lange „Satanstango“ von Béla Tarr (So, 22. 11., 12 Uhr!), in dem die Bewohner eines ungarischen Dorfes in apokalyptischem Rausch versinken.
Getrunken wird auch in den Filmen von Ken Loach gerne, und sein Film „Angel's Share“ wirkte im Jahr 2012 teils wie ein Werbefilm für die schottische Whisky-Industrie. In Hamburg ist nun stattdessen „My Name is Joe“ aus dem Jahr 1998 zu sehen (So, 8. 11.): Der Titelheld ist ein trockener Alkoholiker, trainiert die schlechteste Fußballmannschaft Schottlands und sitzt irgendwann doch wieder verzweifelt vor einem vollen Glas.
Wie sehr der Alkohol in Großbritannien Teil des kulturellen Erbes zu sein scheint, damit spielt Arthur Cauty in seiner Dokumentation „A Royal Hangover“ (Sa, 7. 11.) –und legt schon mit dem Originaltitel, der sich mit „Ein majestätischer Kater“ übersetzen lässt, nahe, dass er dies mit britischen Witz macht.
Polens Antwort auf Charles Bukowski ist Jerzy Pilch mit seinem Roman „Zum starken Engel“ über einen begnadeten Trinker und Schriftsteller. Vergangenes Jahr 2014 hat Wolciech Smarzowski ihn mit „The Mighty Angel“ (Do, 12. 11.) kongenial –also wie betrunken schwankend –verfilmt. „Wake in Fright“ (Sa, 21. 11.) ist eine frühe Arbeit des späteren Hollywood-Regisseurs Ted Kotcheff. Der 1971 entstandene Film handelt von einem Lehrer, den es in ein gottverlassenes Kaff in der australischen Wildnis verschlägt, wo er dann seine bildungsbürgerliche Existenz versäuft.
In dem Horrorfilm „Street Trash“ (Sa, 21. 11.) schließlich entdeckt ein Schnapshändler in seinem Keller einen alten, mysteriösen Fusel, der jeden, der ihn trinkt, das Gesicht verlieren lässt –im wörtlichen Sinne. Beendet wird die Filmreihe an einem erklärt „Blauen Abend“ (Sa, 28. 11.) mit Kurzfilmen und Fundstücken wie einem Likör-Werbespot aus den 1920ern. Die Veranstalter versprechen, für „Getränke und Fröhlichkeit“ sorgen zu wollen. HIP
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