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Behörden-Mitarbeiter sollen nicht bluten

Öffentlicher Dienst Ver.di protestiert gegen Umsetzung von Tarifkompromiss mit Bund und Ländern

Der rot-grüne Senat hat beschlossen, dass die Beschäftigten der Landesbehörden bis 2017 0,4 Prozent ihres Gehaltes zusätzlich als Eigenanteil in die Zusatzversorgung einzahlen sollen. „Und dass ohne Not und Notwendigkeit“, sagt die Fachbereichsleiterin Bund, Länder und Gemeinden der Gewerkschaft Ver.di, Sieglinde Frieß. Am Montag übergab Ver.di im Rahmen einer Kundgebung auf dem Rathausmarkt dem Senat 12.000 Unterschriften gegen das Vorhaben.

0,4 Prozent klängen erstmal wenig, sagt Frieß. Doch 12.000 Unterschriften gegen den Senatsbeschlsss binnen weniger Tage sieht die Gewerkschafterin als „deutliches Signal“ dafür, wie miserabel die Stimmung derzeit wegen des Personalmangels und der Arbeitsverdichtung in den Behörden sei. „Die Leute wuppen ihre Arbeit nicht mehr, werden langzeitkrank oder arbeiten sogar am Sonntag“, sagt Fries. „Als Dankeschön bekommen sie nun dafür den Gehaltsabzug.“

Die höhere Zuzahlung ist Bestandteil des bundesweiten Tarifkompromisses im öffentlichen Dienst. Doch dieser Passus hat für die Stadt Hamburg eigentich keine Auswirkung, da hier eine Sondersituation besteht: Hamburg zahlt keine Beiträge an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, sondern hat ein eigenes Versorgungssystem für die Beschäftigten der Behörden und der städtischen Betriebe wie der Stadtreinigung oder Hamburg Wasser, die früher zum öffentlichen Dienst gehörten.

Das Versorgungssystem basiert in Hamburg nicht auf einem Tarifvertrag, sondern auf einem Gesetz, das der Senat im Alleingang ändern kann. Der Senat hat nun genau das angekündigt und will den Eigenanteil per Verordnung bis 2017 um 0,4 Prozent anheben. Die Tarifeinigung der Länder werde, „durch Anpassung des Beitragssatzes zur Zusatzversorgung auf Hamburg übertragen“, sagt Christoph Lucks vom Personalamt.

„Der Senat zockt durch und zwar gewaltig“, kritisiert Frieß diese Entscheidung. Es bestehe überhaupt keine Notwendigkeit für die Stadt, den Eigenanteil in die Zusatzversorgung anzuheben. „Es ist ein Armutszeugnis, dass der Senat dies tut ohne Begründung und ohne viel Federlesens.“

Die Prognosen des Zusatzversorgungssystems seien positiv, sagt Frieß und verweist auf eine Vorlage für den Beirat des „Sondervermögensfonds Zusatzversorgung“, laut der die satzungsgemäß erforderlichen Rücklagen weit überschritten seien. Der Senat erwäge sogar, so Frieß, Geld aus dem Fonds zu entnehmen. Kai von Appen

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