Anstieg der Krankenkassenbeiträge: DGB und Versicherungen sauer
Die Arbeitnehmer müssen 2016 mit höheren Beiträgen rechnen. Die Kassen sehen die Schuld dafür bei der Bundesregierung.
BERLIN dpa/taz | Krankenkassen und Gewerkschaften haben mit Empörung auf die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) reagiert, dass die Krankenkassenbeiträge 2016 im Schnitt auf 15,7 Prozent steigen werden. „Der zu erwartende Anstieg der Zusatzbeiträge ist von der Bundesregierung in weiten Teilen hausgemacht“, sagte der Sprecher des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen, Florian Lanz, am Sonntag der taz. Insbesondere die Klinikreform sei „ein Ärgernis“, schimpfte Lanz: „Sie geht voll zulasten der Beitragszahler, ohne dass sie zu strukturellen Verbesserungen führt“.
Kritik kam auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). „Die Arbeitnehmerzusatzbeiträge sind inzwischen das einzige Ventil für die Krankenkassen, um den Kostendruck auszugleichen“, kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.
Sie gehe davon aus, dass die Kosten im Gesundheitsbereich bis 2019 um rund 3,5 Milliarden Euro steigen werden. „Das darf nicht allein den Arbeitnehmern aufgeladen werden“, forderte Buntenbach. Es sei „Zeit, einen politischen Fehler zu korrigieren: Die Parität muss wiederhergestellt werden“.
Den feststehenden allgemeinen Beitrag von 14,6 Prozent teilen sich die Kassenmitglieder und ihre Arbeitgeber je zur Hälfte. Alles, was darüber hinaus geht, müssen die Arbeitnehmer allein schultern. So hat es die Große Koalition zu Beginn ihrer Regierungszeit beschlossen. Am Freitag dann hatte Gröhe mitgeteilt, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag, den die Arbeitnehmer schon jetzt allein bezahlen müssen, sich im kommenden Jahr voraussichtlich noch einmal um 0,2 Prozentpunkte erhöhen werde – auf dann 1,1 Prozent.
Damit erhöht sich der durchschnittliche Gesamtbeitrag insgesamt auf 15,7 Prozent. Der Zusatzbeitrag wird von den Krankenkassen – jeweils nach ihrer wirtschaftlichen Lage – selbst festgelegt. Gröhe wies darauf hin, dass die derzeit 123 Krankenkassen über Finanzreserven von rund 15 Milliarden Euro verfügten. Diese verteilen sich unterschiedlich auf die einzelnen Versicherungen. Im ersten Halbjahr 2015 erwirtschafteten alle Krankenkassenarten ein Defizit von einer halben Milliarde Euro.
Leser*innenkommentare
Hanne
Verstehe ich richtig, dass der "allgemeine Beitrag" von 14,6 % bleibt?
Geht es in der Meldung darum, dass die Zusatzbeiträge bei der ein oder anderen Krankenkasse steigen werden?
Wenn dem so ist, dann habe ich kein großes Problem damit, denn meine gesetzliche Krankenkasse befragt ihre Mitglieder vorab über Erhöhungen und Leistungswünsche.
Es gibt vermutlich noch Krankenkassen, die nur den Grundbetrag erheben, aber dabei auch einige Leistungen gestrichen haben, die sie vorher erstattet oder bezuschusst haben. Somit kann jede/r die Krankenkasse einfach wechseln und schauen, wo er das Angebot für seinen/ihren Bedarf findet.
Die Mitglieder "meiner" Krankenkasse haben sich mehrheitlich für einen höheren Beitragssatz bei einem sehr guten Angebot, welches nicht gestrichen werden soll, entschieden.
Interessant wäre eine Diskussion darüber den "allgemeinen Beitrag" anzuheben, damit grundlegende Kosten paritätisch bleiben. Hier haben sicher nur die Fachleute den Durchblick. Denn wenn Krankenhauskosten aufgrund von Reformen steigen, dann ist das nach meinem Verständnis keine Zusatzleistung, die ich als Patient bereit bin alleine zu tragen.
DR. ALFRED SCHWEINSTEIN
"Gröhe wies darauf hin, dass die derzeit 123 Krankenkassen über Finanzreserven von rund 15 Milliarden Euro verfügten."
Ja, aber die brauchen sie zum Spekulieren. Muß man doch verstehen.