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Schalke 04 in der Fußball-BundesligaDie Angst vorm Schuh des Matip

Schalke 04 ist Tabellendritter der Bundesliga. Doch nach zwei Pleiten ist vorm Heimspiel gegen Ingolstadt mal wieder Zittern angesagt.

Vielleicht sollte er mehr auf Maskottchen Erwin hören: Schalkes Trainer André Breitenreiter Foto: dpa

Gelsenkirchen taz | So hat man die Saison auf Schalke auch nicht geplant: Dass nämlich vor dem Heimspiel gegen den Aufsteiger aus Ingolstadt ein kleineres Zittern beginnt. Der FC Ingolstadt 04 hat nämlich so ziemlich alles, was ein Gegner braucht, um aus dem Schwächeln des großen FC Schalke eine veritable Krise zu machen: Ingolstadt hat einen vergleichsweise kleinen Namen, gerade im Moment erlebt er eine starke Phase in der Saison, und immer wieder hat er bewiesen, dass er zu einer Auswärtsüberraschung fähig ist.

Der FC Ingolstadt könnte also so etwas werden, wie der Schuh des Matip. Als nämlich der Schalker Joel Matip beim DFB-Pokalspiel ausrutschte, sich der Gladbacher Lars Stindl den Ball schnappte und den Führungstreffer erzielte, kippte die Partie. Aus einer guten Schalker Leistung wurde eine schlechte – inklusive Pokalausscheiden und erste Anzeichen einer Schalker Krise.

Die Schuhdebatte nach Matips Ausrutscher ist und war aber vor allem ein Manöver, um von den wirklich spannenden Fragen, die sich derzeit um den FC Schalke ranken, abzulenken: Befindet der Klub sich nach zuletzt nur einem Sieg aus fünf Pflichtspielen mal wieder am Beginn eines Krisenherbstes, von denen es in der jüngeren Vergangenheit so viele gab? Ist André Breitenreiter ein Trainer, der auch in schwereren Phasen die richtigen Lösungen findet? Und: Wirkt sich die Posse um die offene Zukunft von Manager Horst Heldt doch negativ auf die Mannschaft aus?

Breitenreiter hat in seinen ersten Wochen in Gelsenkirchen vieles richtig gemacht. Er hat den Spielern nach der bleiernen Zeit unter Roberto Di Matteo die Freude am ihrer Arbeit zurückgegeben. Und er hat der Mannschaft eine klare Spielidee vermittelt, die zwar nicht so kunstvoll durchdacht erscheint wie der Fußball der Kollegen Pep Guardiola oder Thomas Tuchel, die aber solide und zeitgemäß ist.

Breitenreiter hat der Mannschaft eine Spielidee vermittelt, die nur nicht so kunstvoll durchdacht ist wie die von Guardiola. Doch jetzt wachsen Zweifel

Das spülte die Schalker bis auf den dritten Platz, auf dem sie immer noch stehen. Doch nun verdichteten sich kleine, in ihrer Summe aber machtvolle Details zu einem Gefühl des Zweifels.

Als Breitenreiter am Mittwochabend gefragt wurde, ob er angesichts der sportlichen Rückschläge und dem Ärger um die Zukunft von Horst Heldt, vor seiner bisher schwierigsten Phase auf Schalke stehe, reagierte er ausweichend. „Ich weiß ja, auf was Sie abzielen“, sagte der Trainer und lenkte den Blick umgehend zurück auf den Rasen: Es gebe keinen Grund zur Sorge, die Mannschaft habe es „ja richtig gut gemacht, so ist einfach Fußball, kleinste Fehler werden betraft“. Mönchengladbach sei „eine gestandene Mannschaft, und wir sind eine Mannschaft, die sich entwickelt mit vielen jungen Spielern.“

So kann man das sehen, wobei auch die Leistungen des FC Schalke Fragen aufwerfen. Breitenreiters teurer Wunschstürmer Franco Di Santo spielt immer, in der Bundesliga ist ihm aber noch kein einziger Treffer gelungen, während der im Vorjahr noch so starke Eric-Maxim Choupo-Moting in seiner Reservistenrolle verkümmert. Und warum trifft eigentlich auch Klaas-Jan Huntelaar nicht mehr so zuverlässig, wie in besseren Tagen? „Die brauchen halt mal ein Tor, um sich eine gewisse Sicherheit zu holen, das müssen sie erzwingen“, lautete Breitenreiters ausweichende Antwort.

Die Balance stimmt nicht immer

Und dass sich der immens wichtige Aufbauspieler Johannes Geis durch sein unsägliches Foul am vergangenen Sonntag und seine lange Sperre für die im November anstehenden Partien in Dortmund und Leverkusen selbst aus dem Spiel nahm, deutet auch nicht gerade darauf hin, dass die Balance zwischen Einsatzbereitschaft und Spielfreude stimmt.

Schalke 04 könnte trotz eines sehr erfolgreichen Saisonstarts zumindest atmosphärisch schon wieder eine Krise zu steuern. „Wir sind immer noch auf einem richtigen Weg in der Bundesliga“, hält Manager Heldt dem entgegen. Aber dass die Aufbruchstimmung verflogen ist, könnte auch daran liegen, dass Neutrainer Breitenreiter das Erbe, das er übernommen hat, nicht genau analysiert hat.

„Angstgegner“, wie am Samstag Ingolstadt haben Schalke schon in den vergangenen Jahren ins Wanken gebracht: Hoffenheim etwa, das 2013 im auf Schalke gewann, woraufhin Breitenreiters Vorvorgänger Jens Keller beinahe gefeuert worden wäre. Oder der SC Freiburg, der im Dezember 2012 auf Schalke gewann, was Huub Stevens zu Fall brachte. Oder der 1. FC Köln im Dezember 2014, der nach einer ersten kurzen Di-Matteo-Euphorie für Schalker Nöte sorgte.

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