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Bürgerwehr gegen Flüchtlinge

NEONAZIS-Patrouille

Mit Taschenlampen und dunklen Klamotten laufen sie nachts durch die Seitenstraßen – immer rund um eine Flüchtlingsunterkunft: Im niedersächsischen Schwanewede nahe Bremen hat sich eine selbsternannte „Bürger-Patrouille“ formiert, um Flüchtlinge abzuschrecken. Angeführt werden sie unter anderem von Dennis Z., dem Sänger der Bremer Neonaziband „Strafmass“, die seit ihrer Gründung 2008 vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Über 1.200 Flüchtlinge sind seit Mitte September in Schwanewede in der ehemaligen Lützow-Kaserne untergebracht, die meisten von ihnen kommen aus Syrien und Irak. Während Schwanewedes Bürgermeister Harald Stehnken (SPD) die Willkommenskultur im Ort betont, haben sich über 750 Menschen in einer Facebook-Gruppe organisiert, um „Klartext“ zu reden, wie sie dort schreiben: Darunter sind Mitglieder der NPD, Neonazis und Politiker der Bremer „Bürger in Wut“ (BIW), die bis heute wert darauf legen, nicht als „rechts“ bezeichnet zu werden (siehe Vorblick auf dieser Seite).

Nachdem die taz über den neonazistischen Hintergrund von Mitorganisator Dennis Z. berichtete, ging die BIW im angrenzenden Bremen-Blumenthal allerdings in die Offensive: Eine „privat-initiierte ‚Bürger-Patrouille‘ wird auch für Bremer Stadtbereiche kommen“, erklärten sie – von Distanzierung keine Spur.

Unbeeindruckt zeigte sich auch der Administrator der Onlinegruppe: „Die Facebook-Gruppe und auch die Bürger-Patrouille haben sich nicht gegen Flüchtlinge organisiert“, schreibt er der taz, die Gruppe sei nicht rechts und die Patrouille weder eine Schläger-Truppe noch wolle sie Selbstjustiz üben.

Im Bremer Innenressort sieht man das anders: „Wir haben Erkenntnisse, dass bei dieser Bürgerwehr Akteure der rechten Szene aus Niedersachsen und Bremen dabei sind“, erklärte Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin von Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Und: „Wir stufen sie als gewaltbereit ein.“ Auch in Bremen bestehe nach Einschätzung des Ressorts die Gefahr, dass sich solche Patrouillen bilden. „Das lehnen wir entschieden ab“, so Gerdts-Schiffler, „für die Sicherheit sorgt die Polizei und nicht die Bürgerwehren.“ jpb

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