piwik no script img

Blutiges Beziehungsdrama in Neukölln

GEWALT Das „Börekhaus“ hatte gerade erst eröffnet. Nun muss die Leiche einer Mitarbeiterin herausgetragen werden. Der Exfreund hat sie getötet. Eine zweite Frau stirbt am Nachmittag

Als der Student, der gerade erst nach Neukölln gezogen ist, am Mittwochmorgen von einem lauten Knall geweckt wird, schaut er nicht mal aus dem Fenster. Acht bis zehn Mal habe es sehr schnell hintereinander laut geknallt, erinnert er sich – das klang für ihn wie Silvesterfeuerwerk.

Als er die Wohnung verlässt, muss er jedoch feststellen, dass die Polizei die Flughafenstraße in der Nähe vom Rathaus Neukölln weiträumig abgesperrt hat. Das Knallen kam nicht von Böllern. Kurz vor neun Uhr betrat ein 45-Jähriger den Imbiss „Börekhaus“ an der Ecke zur Mainzer Straße und schoss unvermittelt auf zwei 33 und 38 Jahre alte Schwestern. Beide Frauen arbeiteten in dem Laden. Der Mann zielte auf ihre Gesichter, laut Polizei traf er beide Frauen mehrmals.

Die 38-Jährige ist die Exfreundin des Täters. Offenbar kam dieser nicht damit zurecht, dass sie nicht mehr zu ihm zurückkehren wollte. Sie verstarb noch am Tatort. Die 33-Jährige wurde ins Krankenhaus gebracht.

Ein Zeuge musste die Tat in dem Imbiss mit ansehen und hielt unmittelbar danach einen Polizeiwagen an, der zufällig vorbeifuhr. Der Polizist forder- te den Täter mehrmals auf, die Waffe niederzulegen. Der nahm die Pistole herunter, versuchte zu fliehen, konnte aber dann vom Polizisten und Zeugen gemeinsam überwältigt werden.

Das „Börekhaus“ ist mit Luftballons geschmückt – erst vor einigen Tagen war es eröffnet worden. Nun ist der Laden von Einsatzwagen und der Mordkommission umstellt. Die Leiche soll noch am Mittwochnachmittag obduziert werden. Die Mordkommission hat die Ermittlungen aufgenommen.

Für manche Anwohner nichts Besonderes. „So was passiert hier häufiger“, sagt ein Anwohner in einem Café um die Ecke. Im letzten Jahr habe es mehrere Schießereien gegeben. Angst habe er aber keine: „Das machen die ja unter sich aus.“ Eine Studentin, die vor kurzem hergezogen ist, sieht das genauso. Sie hat sich schon an Blaulicht in der Flughafenstraße gewöhnt. „Diesmal ist es nur mehr Polizei als sonst.“

Von einem ausländerfeindlichen Hintergrund geht die Polizei nicht aus.

Auch eine Notoperation konnte die zweite Frau am Ende nicht retten. Sie starb nach Angaben der Polizei an ihren Schussverletzungen. MARTIN RANK

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen