„Honeymoon“ von Lana Del Rey: Hallo, Prinzessin der Langeweile
Vielleicht hat sie einfach zu viel Eis am Stiel gegessen. Die Schwülstigkeitsexpertin Lana Del Rey ist mit einem neuen Album zurück. Ein offener Brief.
Oh Lana, was ist nur mit dir geschehen? Früher schmeckte deine Pussy noch nach Pepsi-Cola. Da warst du die ungekrönte „Queen of Saigon“, eine Königin der Popwelt. Jetzt veröffentlichst du dein neues Album, „Honeymoon“, und bist nur noch Prinzessin Langeweile.
Eingeleitet wird dein neues Doppelalbum von dem Titelsong „Honeymoon“, und darin bleibst du dir als leidende Liebhaberin treu, wenn du mit rauchiger Stimme langsam dahinschmachtest: „We both know the history of violence that surrounds you / But I’m not scared, there’s nothing to lose now that I’ve found you.“ Wie hältst du das bloß aus?
Ganz schön kitschig: Deine Flitterwochen verbringst du mit sinnlichen Streichern und Clayderman-Klavier. Auch insgesamt wirkt deine Musik viel ruhiger und ausgeglichener als früher. Müssen wir uns deshalb Sorgen machen? Du spielst weniger mit deinem Rollenbild als tragisches All-American-Girl, dafür rückst du deine Stimme in den Vordergrund: Okay, sie klingt melancholisch, schwermütig und bitter-süß wie immer. Aber du hauchst jetzt damit durch alle 14 Songs. Das klingt alles so schwülstig.
Oder hast du endgültig in dem von Dunst umgebenen Traumfilm rübergemacht, den du früher nur gespielt hast? Hallo, Lana, wach? Wo bleiben deine Pop-Referenzen? Stattdessen übernimmst du in “Burnt Norton“ einfach das gleichnamige Gedicht von T. S. Eliot und flüsterst die Zeilen durch einen Vintage-Filter: „Only in a world of speculation / What might have been and what has been / Point to one end, which is always present.“
Und warum referierst du in „God Knows I Tried“ ausgerechnet „Hotel California“ von The Eagles und fantasierst deine eigene Kunstfigur im zweiten Vers, reimst „Rain“ auf „Fame“?
Außerdem ist da ein Stilbruch, den ich nicht nachvollziehen kann: Mit deiner ersten Single-Auskopplung, “High by the Beach“, machst du HipHop-Beats und Hoffnung auf ein „Born to Die“-Revival: ein Torch-Song, in dem du deine unglückliche Hassliebe zu den Medien thematisierst. Und dann: Pustekuchen.
Die Gedanken tanzen mit einem Ghetto-Boy
Am besten gefällt mir noch der Titel des anderen „Born to Die“-artigen Stücks, “Music to watch Boys to“: Deine herrlich sinnfreien und dabei so melancholischen Zeilen „Pink flamingos, always fascinated me / I know what only the girls know“ bleiben sofort hängen. Die Gedanken tanzen eng umschlungen mit einem Ghetto-Boy, und du trinkst dazu – was sonst? – Blue-Ribbon-Bier auf Eis.
Aber warum bitte stöhnst du bei „Salvatore“ so lasziv auf Italienisch „Cacciatore“ und „Ciao Amore“? Hast du zu viel Eis am Stiel gegessen, während du auf deinen Liebsten gewartet hast, um dich aber zuletzt doch für eine Kugel Softeis zu entscheiden? Schlimm!
Lana del Rey: „Honeymoon“ (Universal)
„Honeymoon“ soll also Kino darstellen. Na ja, die Albernheiten deiner Texte klingen gleichzeitig tragisch und schön. Aber leider ist „Honeymoon“ – trotz des immer währenden Pathos deiner Rolle als suizidale Filmdiva – nun ja, etwas eintönig.
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