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Harald Keller Der Wochenendkrimi Bis die Grachten schäumen

Pures Exploitation-Kino: Kommissar Eric (Huub Stapel) Foto: ARD

An gefährliche Gangster sind wir hier nicht gewöhnt“, sagt einer der Amster­damer Ermittler in Jan­willem van de Weterings Kriminalroman „Ticket nach Tokio“. Beschauliche Zeiten waren das, mit einfachen Verbrechen. Auch im Film: Hinreißende Auftritte hatte van de Weterings musizierendes Ermittlerduo Grijpstra und De Gier 1979 in „Outsider in Amsterdam“. Unvergesslich, wie die beiden im VW Käfer einen Zweiradfahrer verfolgen und in einer engen Amsterdamer Gasse steckenbleiben.

Gut zehn Jahre später sah Amsterdam anders aus. In der Realität und auch im Film. Regisseur Dick Maas wählte das Slasher-Genre, um die Stadt der tausend Brücken ins Bild zu setzen. Die Grachten wirken beschaulich wie eh und je und liefern gerade deshalb einen idealen Kontrast zum grausigen Geschehen. Denn in den Kanälen tummelt sich ein Mörder. Unter Wasser, im Taucheranzug. Stößt plötzlich durch die Oberfläche, schlitzt Schlauchboote auf, lässt Leichname auf Rundfahrtschiffe plumpsen.

„Verfluchtes Amsterdam“ heißt der Film, im Original „Amsterdamned“ – pures Exploitation-Kino. Der versierte Genreregisseur und -produzent Dick Maas, der auch Horror und Komödie beherrscht, reizt alles aus, was der Stoff hergibt. Er greift in die Gruselkiste, gewährt Hauptdarsteller Huub Stapel und der sympathischen, allerdings auch verdächtigen Monique van de Ven einen sehr erwachsenen Flirt und liefert als Höhepunkt eine Action-Sequenz, bei der die Grachten schäumen: eine Verfolgungsjagd mit Motorbooten durch die Kanäle, Reverenz an eine Szene aus dem Agentenkrimi „Die Ratten von Amsterdam“ (1971) und zugleich deren Steigerung.

Allerdings mit einer kleinen Mogelei: Weil es in Amsterdam keine Uferwege auf Höhe des Wasserspiegels gibt, wurden des Effektes wegen einige Takes in Utrecht aufgenommen.

„Verfluchtes Amsterdam“;Sa., 1 Uhr, ARD

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