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Rocker tragen wieder Kutte

Kriminalität Laut Innenverwaltung gibt es in der Motorradbanden-Szene keine großen Veränderungen. Der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber bezweifelt das und hakt nach

Dürfen ihre bestickten Westen wieder tragen: Angehörige der Hells Angels und anderer Motorradbanden Foto: Frederik v. Erichsen/dpa

von PLUTONIA PLARRE

In der Berliner Rockerszene hat sich in den letzten Jahren wenig geändert. Das zumindest erklärt Innenstaatssekretär Andreas Statzkowski (CDU) auf eine Anfrage des SPD Abgeordneten Tom Schreiber. Rund 1.000 Personen seien in sieben Gruppen aktiv, die als polizeirelevant eingestuft seien. Lediglich in der Verteilung habe es Änderungen gegeben. Vereinzelt gebe es „individuelle, persönliche“ Kontakte zur rechtsextremistischen Szene. Aber auch sei nicht neu.

Alle paar Monaten befeuert Schreiber die Innenverwaltung mit Fragen zum Rockermilieu. Er traue der Ruhe nicht, „der Schein trügt“, so der SPD Abgeordnete am Mittwoch zur taz. Im Juli hatte das Bundesgerichtshof (BGH) das Verbot der Kutten gekippt, der mit Sprüchen und Symbolen bestickten Westen. Seither, so Schreibers Beobachtung, zeigten die Anhänger problematischer Clubs wieder deutlich mehr Präsenz. Zuvor hätten die Berliner Hells Angels ihre Westen mit dem geflügelten Totenkopf nicht mehr so offensiv getragen.

Innenstaatssekretär Statzkowski bedauerte in der Antwort die Aufhebung des Kuttenverbots. Allerdings dürften nur Clubsymbole gezeigt werden, die keine Hinweise auf verbotene Ortsgruppen enthalten, die sogenannten Charter. Im Frühjahr 2012 war in Berlin das Hells-Angels-Charter Berlin City verboten worden. Ein Rocker sei ohne seine Kutte nackt, hatte der Leiter des Landeskriminalamts Christian Steiof seinerzeit gesagt. „Nackt kann man nicht so einfach Macht demonstrieren.“

Laut Statzkowski sind in der Berliner Region zurzeit fünf Hells-Angels-Gruppierungen mit neun Untergruppen polizeirelevant. Die zweitgrößte Gruppe machen die Bandidos mit zwei Haupt- und fünf Untergruppen aus. Dem Gremium MC, einer andere Rockergruppe, werden schon seit Längerem Verbindungen zu Neonazi-Szene nachgesagt. Einzelne Rechtsextremisten seien in der Vergangenheit zu Gremium MC gewechselt.

Über ein strukturelles Zusammenwirken von Gremium MC mit der rechtsextremistischen Szene zum Erreichen politischer oder krimineller Ziele lägen aber keine Erkenntnisse vor“. Das treffe auch auf Funktionsträger der NPD zu. Deren Landes­chef Sebastian Schmidtke war 2012 und 2013 auf öffentlichen Veranstaltungen des Gremiums MC gesehen worden. Das hatte die Innenverwaltung auf eine frühere Anfrage bestätigt.

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