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Brüssel lässt sich sehr viel Zeit

Asyl Keine Einigung auf Verteilung der Flüchtlinge in Sicht

BRÜSSEL taz | Die Europäische Union will endlich Ordnung in die Debatte über die Flüchtlingspolitik bringen. Kommissionschef Jean-Claude Juncker werde einen neuen Plan vorlegen, kündigte sein Sprecher am Montag an. Die Flüchtlingspolitik genieße höchste Priorität, betonte auch Ratspräsident Donald Tusk.

Doch in der Praxis ist davon wenig zu sehen. Einen Flüchtlingsgipfel, wie zuletzt im Frühjahr, will Tusk nicht einberufen. Die EU-Kommission lässt sich Zeit. Erst am 9. September will Juncker in einer Rede zur „Lage der Union“ zusätzliche Maßnahmen ankündigen. Wirklich neu dürften sie nicht sein. Alles sei schon in der „Migrations-Agenda“ von Mai enthalten, so sein Sprecher. Das werde nun durch einen „sehr präzisen“ Zeitplan ergänzt.

Im Mittelpunkt dürften die so genannten Hotspots stehen – also Zentren zur Meldung und Registrierung von Asylbewerbern. Das Ziel der Einrichtung dieser Hotspots in Griechenland und Italien ist es, aussichtslose Bewerber von ihrer Wanderung gen Norden abzuhalten.

Doch ohne legale und sichere Zugangswege in die EU dürfte der Ansturm anhalten, warnen Kritiker. Wenig Wirkung sei auch von der zweiten geplanten Neuerung zu erwarten: einer gemeinsamen Definition sogenannter sicherer Herkunftsländer. Das dürfte es den Zuwanderern vom Balkan zwar fast unmöglich machen, einen Asylantrag zu stellen. Die Zahl dieser Asylbewerber sinkt derzeit aber ohnehin deutlich ab.

Zudem bleibt das Problem der gerechten Verteilung der Asylbewerber auf die EU-Länder ungelöst. Bisher haben die 28 EU-Staaten nicht einmal Platz für jene 40.000 Flüchtlinge gefunden, denen im Juni ein Platz zugesagt worden war – auf freiwilliger Basis. Für eine verbindliche Lösung, die Juncker will, gibt es keine Mehrheit.

Im Gegenteil: Auf einem Treffen am kommenden Wochenende wollen die Slowakei, Tschechien, Polen und Ungarn ihr Veto gegen eine Verteilung der Asylsuchenden bekräftigen. „Wir werden nicht bei dieser verrückten Idee assistieren, alle mit offenen Armen aufzunehmen“, sagte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico. Begründung: Die Quoten „fördern nur die organisierte Kriminalität“. Eric Bonse

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