: Lemke lobt Kreiter
Wissenschaftssenator fordert Affen-Versuche bis 2010. Ethiker plädiert: „im Zweifel für die Tiere“ entscheiden
Bremen taz ■ Die Gesundheitsdeputation hat gestern nur kurz über die anstehende Verlängerung der Makaken-Experimente an der Bremer Uni beraten. In der kommenden Woche soll es einen Schlagabtausch in der Bürgerschaft geben. Dann wird auch der neue Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) öffentlich bekennen müssen, ob er zu seiner Anfang des Jahres geäußerten kritischen Position noch steht.
In der Tierschutzkommission hatte es am 24.10. keine Mehrheit für die Fortsetzung der Experimente gegeben. Mit der Stimme des (unbekannten) Vorsitzenden sei eine Zustimmung entstanden, erklärte nun Gesundheitsbehörde. „Das kann nicht sein“, empört sich die Grüne Silvia Schön: Ein Gremium könne nicht mit seiner eigenen Geschäftsordnung Mehrheiten konstruieren.
Die Behörde hat den Deputierten nur einen Teil der Unterlagen der Tierschutz-Kommission vorgelegt. In seiner Stellungnahme bewertet Wissenschaftssenator Willi Lemke (SPD) die Experimente als „sehr positiv“, den Forscher Andreas Kreiter lobt er als „exzellenten Experimentator“. 6,8 Millionen Euro hat das Ressort investiert, 500.000 Euro jährlich kostet die Kreiter-Arbeitsgruppe. Eine Beendigung der Experimente hätte „fatale Folgen“ für den Ruf des Wissenschaftsstandortes Bremen. Eine wirkliche Bewertung der Forschungsarbeit könne „nicht unter 12 Jahren“ erfolgen – also erst nach 2010.
Der von der Kommission befragte Ethiker Prof. Dieter Birnbacher von der Uni Düsseldorf hat dagegen Bedenken formuliert: „Bei den Menschenaffen sollten dieselben Regeln für Freiheitsentzug und Tötung gelten wie bei Kleinkindern“, schrieb er, Neuseeland habe das so in seinem Tierschutzgesetz verankert. Ein Experimentator wie Kreiter neige zu „Zweckoptimismus bei der Versuchsplanung als auch zu Urteilsverzerrungen aus Streben nach Anerkennung, Qualifikation und wirtschaftlichen Vorteilen“. Bei der Beurteilung der ethischen Fragen überschätze er auch „die Sicherheit der eigenen Beurteilung“. Es bestünden viele Zweifel bei der Abwägung, im Zweifel müsse man für die Tiere entscheiden.
Wegen der Nachfragen zu Kreiters Rattenversuchen muss die Gesundheitsbehörde über den gesamten Antrag jetzt erst bis zum 24.11. entscheiden. kawe
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