Protest gegen Shell in der Arktis: Putzen auf dem Packeis
Eisberge, Stürme – und mittendrin sucht Shell nach Öl. Die Unfallgefahren sind hoch. Greenpeace demonstriert mit einem Riesenwischlappen.
Mit dieser Aktion protestiert Greenpeace gegen die vergangene Woche genehmigte Probebohrung von Shell im arktischen Ozean. Die Bohrinsel „Polar Pioneer“ sucht in der Tschuktschensee zwischen Alaska und Sibirien nach Öl. Shell hofft, in einigen Jahren gewinnbringend fördern zu können. Wann genau, dazu will sich der Konzern nicht äußern, Greenpeace schätzt, dass es frühestens in 10 Jahren so weit sein wird. Es wird vermutet, dass in der Arktis etwa 13 Prozent des weltweit erreichbaren Erdöls lagern. Beim aktuellen Ölpreis von etwa 40 Dollar pro Barrel würde sich die Förderung nicht lohnen. Shell schätzt, dass ein Preis von 55 Dollar das Projekt lukrativ machen würde.
In diesem Falle wären die Bohrungen ein lukratives Geschäft, das Shell jedoch heftige Kritik von Umweltorganisationen einbringt. Larissa Beumer, Arktis-Expertin von Greenpeace, sorgt sich um die Region: „Dieses Ökosystem ist durch den Klimawandel stark angeschlagen. Eine Ölkatastrophe in dieser Region wäre fatal“.
Ein Ölunfall im Nordpolarmeer hätte unabsehbare Folgen: Das Gebiet, in dem die Plattform „Polar Pioneer“ bohrt, befindet sich über 120 Kilometer von der nächsten Küste entfernt. Sollte es zu einem Austritt von Öl kommen, sei dieser im Eismeer deutlich komplizierter und langwieriger zu beseitigen als in wärmeren Klimazonen, sagt Beumer. Das Gebiet sei nicht nur schwer zu erreichen, „im kalten Wasser arbeiten sämtliche Abbauprozesse viel langsamer“.
Ein Unfall im Winter hätte katastrophale Folgen
Der Worst Case wäre ein Ölleck zum Ende der Bohrsaison, also ab Anfang Oktober. Dann beginnt nämlich der arktische Winter, Eismassen verschließen die Oberfläche und schwere Stürme machen die See unbefahrbar. Im Zweifelsfall könnte Öl über Monate hinweg austreten.
Der Name der Bohrplattform, „Polar Pioneer“, täuscht. Es handelt sich nicht um Shells ersten Vorstoß in die Arktis. 2012 riss sich die Explorationsplattform „Kulluk“ von ihren Schleppschiffen los und strandete, allerdings wurde kein Öl freigesetzt.
Trotzdem hält Arktis-Expertin Beumer die Ölförderung in diesen Breiten für unverantwortlich, die Bedingungen des Nordmeeres seien zu extrem. Und dass ein Unglück eintritt, ist nicht unwahrscheinlich. Das Bureau of Ocean Energy Management, eine Abteilung des US-Innenministeriums, schätzt das Risiko für ein schweres Unglück auf 75 Prozent. „Warum die Regierung die Bohrungen dennoch genehmigt hat, können wir uns nicht erklären“, sagt Beumer.
Shell sieht das anders. „Wir arbeiten im Sommer und in flachen, offenen Gewässern mit wenig Druck“, sagt Sprecherin Cornelia Wolber. Dies würde nach ihrer Aussage das Risiko deutlich verringern. Selbst wenn etwas passieren sollte, wäre man mit einer Flotte von Einsatzschiffen und -flugzeugen bereit, innerhalb einer Stunde arktistaugliche Notfallausrüstung zur Plattform 120 Kilometer vor die Küste zu bringen.
„Falls es zu einem Unfall kommt, ist Shell mit unserem Lappen ja vorbereitet“, sagt Larissa Beumer sarkastisch. Bei Greenpeace überlege man derzeit, wie und wann der Wischmopp an den Konzern übergeben werde. Aber vorher, so die Umweltschützer, müsse der Lappen wachsen. Noch bis zum 31. August können Putzlappen eingesendet werden. Die Adresse gibt es auf Greenpeace Homepage.
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