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Geld Die großen Zeitungshäuser hängen ihre wirtschaftliche Zukunft an Facebook, Google und Co. Die taz zeigt, dass es auch andere Wege gibtUnabhängigkeit ist abhängig

Frauen machen die Alternative – taz-Aktivistinnen im April 1979 in der Berliner Wattstraße: Ute Scheub, Gitti Hentschel, Cordula Dilg und Vera Gaserow (v. l. n. r.) Foto: Rainer Berson

von Karl-Heinz Ruch

Lange Tradition – ungewisse Zukunft: So stellt sich die Lage der Zeitungen heute dar. „Die Marktbedingungen für Zeitungen haben sich grundlegend geändert“ erklärt der Bund deutscher Zeitungsverleger (BDZV) bei seiner jährlichen Pressekonferenz im Juli 2015. Die Relevanz der Zeitung sei höher denn je, doch das Geschäftsmodell müsse weiterentwickelt werden.

Die Frage nach der langfristigen Refinanzierung von Qualitätsjournalismus im digitalen Zeitalter sei eine der großen Herausforderungen, denen sich die Zeitungsbranche stelle. Die mittelständische Zeitungsbranche stehe – gefesselt durch Wettbewerbs-, Datenschutz- und Medienvielfaltsregelungen – den globalen Internetgiganten gegenüber, die in weiten Teilen uneingeschränkt in unseren Märkten agieren könnten.

Die Forderungen der Branche an die Politik, den Verlagen zu helfen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu verbessern, sind altbekannt. Neu ist, dass große Verlage, darunter die bekanntesten europäischen Zeitungshäuser, nun in Kooperationen mit den globalen Giganten Google und Facebook eingestiegen sind, um den Anschluss bei den Entwicklungen in den Wachstumsmärkten der Digitalgeschäfte nicht gänzlich zu verpassen.

Fragwürdige Retter aus dem Silicon Valley

Facebook hat eine neue Funktion, „Instant Articles“, eingeführt, die es Verlagen ermöglicht, ihre Texte und Videos in voller Länge den Facebook-Nutzern anzuzeigen. Der Guardian, die New York Times, Bild und Spiegel beteiligen sich bereits.

Wirtschaftlicher Hintergrund dieses Projekts ist die Beteiligung der Verlage an den auf Face­book im Umfeld der Artikel geschalteten Werbeanzeigen. Publizistisch gibt es manche Kritik an dieser Zusammenarbeit, weil den Usern noch mehr Grund gegeben wird, Face­book gar nicht mehr zu verlassen und die Verlage die Kon­trolle über ihre Inhalte aufgeben und sogar hinnehmen, dass Face­book Inhalte löscht, wenn sie gegen Richtlinien zur Veröffentlichung bei Facebook verstoßen.

Eine andere Initiative wurde von Google gestartet. Der Netzgigant investiert 150 Millionen Euro und will gemeinsam mit europäischen Verlagen an der Zukunft des digitalen Journalismus arbeiten. Acht Verlage haben gemeinsam mit Google diese „Digital News Initiative“ gegründet, aus Deutschland sind zunächst die FAZ und die Zeit als Startpartner dabei.

Die Beteiligung führender Zeitungsverlage an derlei Projekten deuten auf nun flexiblere Strategien der Verlage in der Auseinandersetzung um die Zukunft von Geschäftsmodellen des digitalen Journalismus. Es wird nicht mehr mit der vergeblichen Einforderung von Leistungsschutzrechten gegen Windmühlen gefochten, man möchte an der Internetkompetenz von Google teilhaben.

Sicher gibt es Themen, bei denen die Medienbranche von einem Austausch mit Google profitieren kann. Es stellt sich allerdings die Frage, ob in einem so umfassenden Projekt nicht Abhängigkeiten geschaffen werden, die auch auf die journalistische Arbeit Einfluss nehmen. Die Strategien von Google und Facebook (aber auch von Apple und Amazon) mögen unterschiedlich sein, das Ziel ist aber immer, die Nutzer möglichst lange auf den eigenen Angeboten zu halten.

Die digitale Mediennutzung wird immer mobiler und damit auch die Abhängigkeiten der Nutzer von denen, die die Marktplätze und Programme (Apps) beherrschen. Noch prägen Journalisten und Verlage die Marken ihrer Medien, die oft aus der Tradition der Zeitungen kommen. Das wird aber nicht so bleiben, wenn sich am Ende die Internetpublizistik auf Plattformen weniger Großkonzerne aus dem Silicon Valley konzentriert.

Die eigentliche Intention der teilnehmenden Verlage bei solchen Projekten mit Google oder Facebook wird es sein, endlich einen Weg aufzuzeigen, wie in der digitalen Medienwirtschaft mit Werbung wieder das Geld verdient werden kann, das bei den gedruckten Zeitungen mit Anzeigen nicht mehr verdient wird. Diese Intention ist verständlich, denn Journalismus ist aufwendig und teuer und die Hoffnung, dass über Onlinebezahlangebote die Leser allein für die Kosten aufkommen werden, nicht weit verbreitet.

Wir sehen die Unabhängigkeit der taz in Gefahr, wenn wir uns in noch größere Abhängigkeit von den das Internet beherrschenden Unternehmen begebenKarl-Heinz Ruch

Die taz ist und bleibt ein alternatives Projekt

Die Fragen, wie Qualitätsjournalismus in Zukunft finanziert werden soll, wenn alte Geschäftsmodelle nicht mehr funktionieren und neue nicht in Sicht sind, werden mit jedem Jahr, in dem die Verlage unter dieser Krise leiden, quälender.

Die taz wird sich weder an dem Google- noch an dem Face­book-Projekt beteiligen. Wir sehen die Unabhängigkeit der taz in Gefahr, wenn wir uns in noch größere Abhängigkeit von den das Internet beherrschenden Unternehmen begeben, als es ohnehin schon unvermeidbar ist.

In der taz ist die Haltung zu solchen Fragen traditionell anders. Sie wurde als alternatives Projekt junger Frauen und Männer gegründet, die eine andere Vorstellung von Journalismus hatten, als er in den damaligen Tageszeitungen zu Hause war, gegen etablierte Verhältnisse, für gesellschaftliche Veränderungen. Von ihren LeserInnen wurde dieses Versprechen eines wirklich unabhängigen Journalismus immer wieder mit großem Engagement unterstützt.

Würde man auf die Idee kommen, die taz heute zu gründen, dann wäre das wahrscheinlich ein Crowdfunding-Projekt im Internet, wie es gerade in Mode ist. Der Beginn der taz im Jahr 1979 war ja nicht viel anders: Es wurden Vorausabonnements für eine Zeitung gesammelt, die es zu dem Zeitpunkt nur als Idee gab.

Karl-Heinz Ruch ist seit 1979 Geschäftsführer der taz

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