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Jetzt neu: weniger!

REFORM Der Bayerische Rundfunk will sein Programm verjüngen. Und muss sparen. Erste Einschnitte bekommen Publikum und Mitarbeitende nun zu spüren

So crazy sehen sie aus, die ModeratorInnen von Puls Foto: Max Hofstetter/BR

von Tobias Krone

66 Jahre. So alt ist der durchschnittliche Zuschauer des Bayerischen Fernsehens (BR). Nirgendwo ist der Altersdurchschnitt unter FernsehzuschauerInnen so hoch. Das Regionalprogramm aus München, das wie kein anderes in Deutschland auf Brauchtum setzt, hat ein Altersproblem. Eigentlich gibt es schon seit Jahren im BR eine Aufbruchstimmung, um die Generation Smartphone hinterm Ofen vorzulocken. Doch nun bringt der Sparzwang solche Verjüngungsprojekte in Gefahr.

Seit Jahren strebt der BR die „Trimedialität“ an: Themen sollen nicht mehr nur für das eigene Radio- oder Fernsehressort produziert werden, sondern für alle Ausspielkanäle, inklusive Internet: Vorzeigekanal ist seit zwei Jahren der Jugendsender Puls, eine Info-Plattform im Netz für Pop und Politik, die Indie-Radio und scharf geschnittene Youtube-Dokus über junge Menschen versammelt.

Im gesamten BR sollen nun TV, Radio und Online zusammengeführt werden. Auch baulich: Intendant Ulrich Wilhelm will nördlich des Englischen Gartens, wo heute die TV-Nachrichten produziert werden, das bislang auf drei Standorte verstreute BR-Imperium in neuen gläsernen Gebäuden ansiedeln. 160 Millionen Euro sind für die Arbeiten bis 2021 veranschlagt.

Auch inhaltlich soll das TV-Programm jünger werden. Fernseh-Programmbeauftragter Andreas Bönte sagt zum gegenwärtigen Altersproblem: „Wir erreichen mit unserem Programm insbesondere die 35- bis 55-Jährigen nicht mehr.“ Mit Verbraucher-Informationen zu Familie und Lifestyle etwa will Bönte die Altersklasse der Berufstätigen wieder an den Fernseher locken.

Zudem soll künftig auch die „Tagesschau“ beim BR laufen – damit die Zuschauer nicht zur ARD abwandern und dort den ganzen Abend bleiben. Das BR-eigene Nachrichtenformat Rundschau um 18.30 Uhr soll dagegen Themen noch stärker auf die regionale Ebene herunterbrechen. Dass diese stärkere Arbeitsteilung auch zu mehr Stelleneffizienz führen könnte, verneint Bönte. Die konkreten Gespräche stünden erst an.

Sicher ist: Der BR muss sparen. Für 2016 stehen 22 Millionen an – dabei drei Prozent des Programmetats. Stellenabbau ist da nur eine logische Konsequenz. Die Literatursendungen im Fernsehen, „Lido“ und „Lesezeichen“ etwa, werden abgeschafft. Auf die entrüstete Gegenpetition des Verbands Deutscher Schriftsteller in Bayern hin versuchten die Verantwortlichen zu beruhigen: „Wir werden uns nicht von der Literatur verabschieden“, sagt Bönte. Es werde weiterhin einen Sendeplatz für Literatur geben, unter noch unbekanntem Namen. Man wolle nur versuchen, die Literaturredaktion stärker in den Online-Auftritt einzubinden.

Auch von der „Regionaloffensive“ scheint vor lauter Spar­zwang nicht viel übrig zu bleiben: Der BR richtet zwar künftig mehrere Regionalstudios in ganz Bayern ein, etwa in Bayreuth. Doch dieser Ausbau in Oberfranken geht wiederum zu Lasten des Studios in Nürnberg, wo Leute abgezogen wurden.

„Personalneutral“ nennt sich das – immerhin kein Abbau von Stellen, wie bei der Stadtredaktion München des Radioprogramms Bayern 1. Auf die verzichtet der BR künftig komplett, da dies „das Gesamtziel“ der BR-Reformen nicht gefährde, so Hörfunkdirektor Martin Wagner. „Wir ziehen uns auch aus Kosten- und Effizienzgründen aus der vertieften Lokalberichterstattung in München zurück.“ 20 feste und freie MitarbeiterInnen müssen sich künftig in anderen Redaktionen Arbeit suchen – in Zeiten, wo jede RedaktionsleiterIn sehen muss, wie sie ihr Stammpersonal mit Aufträgen versorgt, wird das schwierig. Die Unsicherheit unter den MitarbeiterInnen wurde auch im Rundfunkrat bemängelt. Hörfunkchef Wagner beteuert, er wolle mit vielen Gesprächen die Akzeptanz in den Redaktionen für den Sparkurs erhöhen.

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