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Zugentführer steht vor Gericht

Justiz Ein 24-jähriger bringt einen ICE kurz nach dem Start in seine Gewalt und protestiert so gegen die Anerkennung Palästinas

Der Angeklagte aus Baden-Württemberg ist streng christlich erzogen worden

Wegen der Entführung eines ICE muss sich seit Freitag ein 24-jähriger Schwabe vor dem Berliner Kammergericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten David S. unter anderem versuchte Nötigung des Bundespräsidenten, Geiselnahme und erpresserischen Menschenraub vor. Der junge Mann räumte zu Beginn des Prozesses ein, den Schnellzug am 21. November vergangenen Jahres mithilfe einer Schreckschusspistole in seine Gewalt gebracht zu haben, um mehrere Forderungen durchzusetzen. Ihm drohen deswegen bis zu 15 Jahre Haft.

Der streng christlich erzogene Angeklagte wollte nach eigener Aussage Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dazu zwingen, die angebliche Anerkennung des Staates Palästina durch Großbritannien, Spanien und Schweden in einer Presseerklärung „aufs Schärfste“ zu verurteilen. „Alles andere wäre Wahnsinn. Ich sage nur sechs Millionen Juden“, hieß es in Anspielung auf den Holocaust weiter in einem Erpresserschreiben, das der Vorsitzende Richter Josef Hoch am Freitag vorlas.

Zudem forderte der Angeklagte in dem Brief, den der Zugchef des gekaperten ICE telefonisch der Bahn-Leitstelle vorlesen musste, 500.000 Euro. David S. drohte am Ende des Schreibens, er habe „146 Schuss neun Millimeter“ bei sich. Als der am Berliner Hauptbahnhof in Richtung Hamburg gestartete ICE auf Wunsch des Entführers im brandenburgischen Nauen zum Stehen kam, konnte er von einem Fahrgast überwältigt werden. David S. feuerte im Gerangel noch drei Schüsse ab, es kam aber niemand zu Schaden. Kurz darauf wurde der Mann festgenommen.

Das Verfahren war vom Landgericht Potsdam an das für Staatsschutzdelikte zuständige Kammergericht Berlin überwiesen worden, weil die umfassende Aussage des Angeklagten nach Meinung des Gerichts den Verdacht der versuchten Nötigung des Bundespräsidenten und von Vertretern der Verfassungsorgane begründeten. Zudem ging das Gericht anders als zunächst angenommen nicht länger von einer psychotischen Erkrankung des Angeklagten zum Tatzeitpunkt aus. Bis zum 11. September hat das Kammergericht vier weitere Verhandlungstermine angesetzt. (afp)

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