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Musharraf bittet um mehr Hilfe

Pakistan verschiebt den Kauf von US-Kampfflugzeugen. Das Geld soll den Erbebenopfern zugute kommen. Die UNO beklagt geringe Zahlungsmoral

MUZAFFARABAD/LONDON epd/ap/rtr ■ Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf hat am Freitag in einem eindringlichen Appell um mehr internationale Hilfe für die Opfer des Erdbebens in der Kaschmirregion gebeten. In einem Interview mit dem britischen Rundfunksender BBC warf Musharraf der Welt vor, zweierlei Maß anzulegen. Pakistan habe nach dem Erdbeben nicht dasselbe Niveau an Hilfe erhalten wie die Opfer des Tsunami oder des Hurrikans „Katrina“.

Laut Musharraf war die Hilfsbereitschaft des Westens nach dem Tsunami größer, weil Menschen aus vielen Ländern betroffen waren, darunter westliche Touristen. Das Erdbeben vom 8. Oktober in Pakistan habe dagegen eine abgelegene Region zerstört und arme Menschen getroffen. Die Welt müsse erkennen, dass diese Menschen mit weit schlimmeren Bedingungen zu kämpfen hätten und mehr Hilfe benötigten als die Tsunami-Opfer, sagte Musharraf. Durch das Erdbeben starben nach pakistanischen Angaben etwa 73.000 Menschen. Mehr als zwei Millionen wurden obdachlos. Im benachbarten Indien kamen weitere 1.300 Menschen ums Leben.

Gleichzeitig kündigte Musharraf in Muzaffarabad an, den Kauf von 77 Kampfflugzeugen vom Typ F-16 aus den USA zu verschieben. Er erklärte, das Land wolle seine finanziellen Mittel ganz auf die Hilfe und den Wiederaufbau im Katastrophengebiet konzentrieren.

Pakistan wartet seit Jahren auf die Möglichkeit, die Kampfjets kaufen zu können. Das Geschäft wurde jedoch unmöglich, nachdem Washington wegen des pakistanischen Atomprogramms Sanktionen gegen das Land verhängt hatte. Erst im März änderte die US-Regierung ihre Haltung und stimmte dem Verkauf als Dank für die Hilfe im Kampf gegen den Terrorismus zu. Noch am Montag hatte Musharraf erklärt, das Erdbeben und seine Folgen hätten keinen Einfluss auf den Militärhaushalt. Indien hatte den geplanten Ankauf als Belastung für Friedensbemühungen kritisiert.

Auch die Vereinten Nationen klagen über zu wenig Mittel für die Erdbebenhilfe. Die Staatengemeinschaft stellte nach UN-Angaben bisher mit 130 Millionen US-Dollar weniger als 25 Prozent der erforderlichen Summe bereit. Besonders teuer sind die Hubschrauberflüge in unzugängliche Bergregionen, in denen hunderttausende von Menschen Schutz vor der Winterkälte brauchen. „Ich habe noch nie einen solchen logistischen Alptraum gesehen. Wir haben 15.000 zerstörte Dörfer“, sagte UN-Koordinator Jan Egeland.

Nach UN-Angaben breiten sich in den Erdbebengebieten immer mehr gefährliche Krankheiten aus. Dazu zählen Atemwegserkrankungen, die zu Lugenentzündungen führen können, Durchfallerkrankungen wegen verschmutzen Trinkwassers, Masern und Wundstarrkrampf.

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