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Angst nach Mord an General

BURUNDI Nach dem Tod des Exgeheimdienstchefs und Scharfmachers Adolphe Nshimirimana drohen Racheaktionen. Oder sucht der Präsident jetzt den Dialog?

Ein Polizist in der Straße zum Stadtviertel Kamenge in Bujumbura Foto: Landry Nshimiye/afp

Von SIMONE SCHLINDWEIN UND DOMINIC JOHNSON

OUAGADOUGOU/BERLIN taz | Der schwarzer Geländewagen ist ausgebrannt. Eine Rakete hatte ihn frontal getroffen, die Scheiben wurden von Kugeln durchsiebt. Die Fotos der Leiche zeigen schwere Kopfverletzungen. Der mächtigste Mann in Burundi neben dem Präsidenten, Exgeheimdienstchef General Adolphe Nshimirimana, wurde am Sonntagmorgen in der Hauptstadt Bujumbura in einem Hinterhalt ermordet. Jetzt herrscht große Anspannung in Burundi. Seit Präsident Pierre Nkurunzizas Wahl zu einer dritten Amtszeit in einem Umfeld blutiger Gewalt steckt das Land ohnehin schon in einer schweren politischen Krise.

Augenzeugen berichten von Männern in Uniformen, die auf den stadtbekannten Geländewagen von Adolphe, wie das Opfer in Burundi genannt wird, gezielt hätten. Einem Bericht des unabhängigen Radiosenders RPA auf seiner Webseite zufolge überholte ein Militärfahrzeug mit offener Ladefläche besetzt von Soldaten den Jeep des Generals. Die Soldaten feuerten auf den Wagen zwei Raketen und zwei Granaten ab. Das Ganze ereignete sich im Stadtteil Kamenge, in dem General Nshimirimana und seine engsten Mitstreiter leben, einer Hochburg der heute regierenden ehemaligen Hutu-Rebellen, wo er sozusagen der „Patron“ war.

Der Angriff geschah nicht weit von Nshimirimanas Bar, seinem Quasihauptquartier, von wo aus er die Jugendmiliz Imbonerakur der Regierungspartei CNDD-FDD (Nationalkomitee/Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) führte. Nshi­mirimana galt als der eigentliche starke Mann Burundis. Als Exgeheimdienstchef befehligte er die brutale Niederschlagung der Massenproteste gegen die dritte Amtszeit des Präsidenten im April und Mai. Als erstes bestätigte Präsident Nkurunzizas Kommunikationsberater und rhetorischer Scharfmacher Willy Nyamitwe den Tod des Generals, „ein Bruder und ein Kamerad“.

Wenig später wandte sich der Präsident in der lokalen Sprache Kirundi direkt an Adolphes Anhänger in Kamenge: „Gott wird uns helfen, diese Kriminellen zu fassen“, sagte Nkurunziza und mahnte, keine Racheakte zu begehen, sondern so zu reagieren, wie ihr Vorbild es getan hätte: „ruhig, cool, mit Intelligenz und Weisheit“.

Die Protestbewegung gründet im Exil eine Koalition aller Gegner des Präsidenten

Kurzfristig besteht die Gefahr, dass die Adolphe-treuen Milizen auf Rache aus sind. In sozialen Netzwerken wird der tote General als Held der Demokratie gefeiert. Er sei von „ruandischen Agenten“ getötet worden, die Tutsi in Burundi müssten jetzt aufpassen, heißt es. „Die haben den Krieg erklärt und jetzt werden sie sehen, was sie davon haben“, sagte ein hoher Armeegeneral gegenüber AFP. In der Nacht zu Montag kam es in oppositionellen Stadtteilen von Bujumbura zu Gefechten und Explosionen; mindestens drei Menschen sollen gestorben sein.

Die Afrikanische Union (AU), die EU und die USA äußerten sich sehr besorgt und riefen zu einem Dialog auf. Langfristig besteht jetzt die Möglichkeit, dass Präsident Nkurunziza ohne­ ­Nshimirimana bereitwilliger an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Der ermordete General galt als der Superradikale in der kleinen Clique, die um Nkurunziza regiert. Er war zu einem massiven Gewalteinsatz bereit, um den Präsidenten und damit sich selbst an der Macht zu halten. Eine Einigung mit der Protestbewegung auf der Straße oder mit den zahlreichen Politikern, die mit der Regierung gebrochen haben und aus Burundi geflohen sind, kam für Nshimirimana nicht in Frage.

Der Mord an General Nshimirimana erfolgte zwei Tage nachdem sich diese Protestbewegung im Exil eine neue Struktur gegeben hatte. Zum Abschluss mehrtägiger Beratungen in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba gründete sie den „Nationalen Rat zur Wiederherstellung des Arusha-Friedensvertrages und des Rechtsstaates in Burundi“ (CNARED) – eine breite Koalition aller Anti-Nkurunziza-Fraktionen. Mit dabei sind zwei Expräsidenten des Landes, hochrangige Deserteure des Regimes sowie die Rebellenbewegung aus fahnenflüchtigen Generälen der Armee, die im Mai einen Putschversuch gewagt hatten. Präsident der CNARED ist Altpolitiker Léonard Nyangoma, der 1994 den bewaffneten Kampf der Hutu-Rebellen begonnen hatte, aus denen später die heute regierende CNDD-FDD wurde. Die neue Plattform will mit Hilfe der AU den burundischen Präsidenten zum Einlenken zwingen.

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