LehrerInnen ohne Festanstellung: Arbeitslos in die Ferien
Tausende LehrerInnen sind wegen befristeter Verträge in den Ferien arbeitslos. Einige bekommen dennoch ein „Feriengehalt“.
Kärs Schicksal teilen Tausende Lehrkräfte. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die die Abweichungen in der Arbeitslosigkeit von LehrerInnen seit 2007 erfragte. Der Trend über Jahre hinweg: Pünktlich zu Beginn der Sommerferien steigt die Arbeitslosigkeit sprunghaft an. So waren im Juni vorigen Jahres 5.200 LehrerInnen arbeitslos gemeldet; im August, als alle Länder Sommerferien hatten, waren es mehr als doppelt so viele. Mit Schuljahresbeginn geht die Zahl der arbeitslosen LehrerInnen dann wieder deutlich zurück.
Besonders steil verläuft diese Kurve in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz. Eine Auswertung der Bundesagentur für Arbeit vom März zeigt das gleiche Muster. „Hauptursache für die Sommerferien-Arbeitslosigkeit dürften befristet geschlossene Verträge sein“, heißt es dort.
Die Betroffenen müssen sich also in dieser Zeit arbeitslos melden oder sind, wie Kär, auf das Wohlwollen des Schulleiters angewiesen: er bezahlt sie während der Ferien weiter. Berlin ist zudem recht großzügig, wie Bernhard Lilienthal vom Personalrat des Bezirks Mitte berichtet. Sind befristete KollegInnen mehr als ein Jahr an den städtischen Schulen tätig, wird ihnen das entgangene „Feriengehalt“ auf Antrag nachgezahlt. Einen Rechtsanspruch gibt es allerdings nicht.
Festanstellung gefordert
„Da wird Hunderten Lehrerinnen und Lehrern jedes Jahr eine feste Anstellung vorenthalten, nur um für ein paar Wochen Gehälter zu sparen“, entrüstet sich der rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete Alexander Ulrich (Linke). Ein Sprecher des Kultusministeriums entgegnete auf Anfrage, die Sommerferien würden nicht bewusst ausgespart. „Die Verträge orientieren sich immer an der Dauer des Vertretungsbedarfs.“ Auch Hessen und Bayern verneinten bewusste Einspareffekte.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert, dass die Länder mehr LehrerInnen unbefristet einstellen, anstatt für jede schwangere Kollegin Vertretungen anzuheuern. „Es wird immer eine gewisse Anzahl von LehrerInnen geben, die fehlen“, meint Gesa Bruno-Latocha. Sie geht davon aus, dass die Anzahl der sommerabeitslosen Lehrkräfte in den nächsten Jahren noch steigt: weil die Pensionierungswelle abebbt, nicht aber die Zahl potenzieller JunglehrerInnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Plan für Negativ-Emissionen
CO2-Entnahme ganz bald, fest versprochen!
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein