piwik no script img

Nach illegaler Räumung in BerlinFamilien mit Kindern obdachlos

Familien, die aus einem Haus in der Grunewaldstraße geräumt wurden, müssten nun in Parks schlafen. Daran sei auch der Bezirk schuld, so der Vorwurf.

Hier wohnten die Familien, bis sie vor die Tür gesetzt wurden: Grunewaldstraße 87. Foto: dpa

Nach den illegalen Räumungen von Wohnungen in der Grunewaldstraße 87 in Schöneberg sind nach Auskunft des Vereins Amaro Foro mehrere Familien mit Kleinkindern obdachlos und schlafen in Autos oder Parks. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg müsse die rausgeworfenen Familien vorübergehend nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) unterbringen, fordert der Verein, der sich seit Februar sozialberatend für Roma-Familien aus Rumänien in dem Haus einsetzt. „Die Kosten für die ASOG-Unterbringung kann der Bezirk der Eigentümerin des Hauses in der Grunewaldstraße auferlegen“, so die Vereinsprecherin Andrea Wierich am Freitag in einer Mitteilung.

„Das kann er nicht“, erwidert Sozialstadträtin Sibyll Klotz (Grüne). Den Vorwurf von Amaro Foro, der Bezirk nutze nicht alle rechtlichen Möglichkeiten, um den Erfordernissen des Kinderschutzes und der UN-Kinderrechtskonvention genüge zu tun, weist sie zurück. „Alles, was rechtlich möglich ist, wird getan“, so Klotz am Freitag zur taz. Beim bezirklichen Wohnungsamt hätten sich bislang 15 Familien aus dem Haus gemeldet, die rausgeworfen wurden. Davon hätten sieben einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II oder zumindest eine gute Prognose, dass sie anspruchsberechtigt seien.

Fünf von von ihnen habe der Bezirk Unterkünfte beschafft oder eine Kostenübernahme für ein Hotelzimmer ausgestellt, zwei Familien hätten sich nicht mehr gemeldet. Für die anderen acht Familien könne der Bezirk leider nichts tun – außer ihnen Geld für eine Rückfahrt nach Rumänien geben.

Die Grunewaldstraße 87 ist seit Monaten in den Schlagzeilen, weil der Eigentümer den maroden Teil des Hauses an rumänische Familien vermietet hat, die dort offenbar in völlig überbelegten Wohnungen und unter katastrophalen Bedingungen leben. Nun versucht der Vermieter, die Mieter wieder loszuwerden, mit illegalen und kriminellen Methoden, wie ein Anwalt sagt. Doch bislang traut sich niemand der Betroffenen bei der Polizei Anzeige zu erstatten, weil offenbar zwei „Hausmeister“ die Menschen massiv einschüchtern und bedrohen. Aus demselben Grund, so der Anwalt, wage auch keiner der Mieter, gegen seine Räumung aus dem Haus zu klagen.

Doch eine Zivilklage gegen den Vermieter ist nach Auffassung des Bezirks der einzig rechtlich gangbare Weg, wie Klotz bekräftigte. Amaro Foro dagegen sagt, eine zivilrechtliche Klage „ist den Familien aufgrund der massiven Drohungen, denen sie ausgesetzt waren, nicht zuzumuten“. Der Bezirk dagegen könne „ohne Weiteres ein Verfahren gegen die Eigentümerin einleiten“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Es muss immer von beiden Seiten gesehen werden!

    Wo würden Sie, ohne privaten Vermieter, wohnen wollen Stefan Mustermann?

     

    Die Gemeinden müssten eigentlich unser Steuern dazu verwenden, um bezahlbare Unterkünfte zu bauen.

     

    Wie können sich Vermieter vor Mieter schützen , die nicht ihre Miete bezahlen, die Wände vollschmieren, etc.etc.

     

    Ja, es sollte ein deutschlandweites Mieter/Vermieterportal geben, in dem der Mieter, jedoch auch der Vermieter über den Mietvertragspartner urteilen kann!

     

    Somit wird dem Vandalen, Mietnormaden, Mietpreller das "Wasser abgegraben".

  • Kleine Hilfe für die Zwischenzeit:

     

    Obdachlosenhilfe DIE BRÜCKE e. V.

    Elisabethkirchstraße 17

    10115 Berlin

    Tel.: +49 (0)30 44 03 97 00

    Fax: +49 (0)30 44 03 97 00

    info@obdachlosenhilfe-die-bruecke.de http://www.obdachlosenhilfe-die-bruecke.de

     

    Die Straßenzeitung - mob.e.V.

    Notübernachtung

    Prenzlauer Allee 87

    10405 Berlin-Prenzlauer Berg

    Tel. 030/41934593

    Fax 030/46794613

    E-Mail: info@strassenfeger.org

     

    Motz & Co. e.V.

    Notübernachtung und Wohnprojekt

    Weserstraße 36

    10247 Berlin-Friedrichshain

    Tel. 030/28599357

    E-Mail: motz-berlin@gmx.de http://www.motz-berlin.de

  • Warum dürfen die Reichen (hier Vermieter) alles tun, wass sie wollen, auch wenn das illegal ist?

     

    Es muss ein deutschlandweites Mieterportal geschaffen werden, wo Mieter über deren Vermieter Positives und Negatives schreiben. Wer würde dann bei jemandem ein Mieter werden wollen, der Familien mit Kindern auf die Strasse setzt. Dazu noch mit illegalen Mitteln.

     

    Vermieter bekommen unsere Schufa-Daten. Die bekommen auf Verlangen die Erklärung des Vorvermieters. Die bekommen Auskunft zum Einkommen. Welche Auskünfte bekommen wir als Mieter? Gar keine. Und jetzt ist die höchste Zeit, damit das geändert wird!

    • @Stefan Mustermann:

      Habe sie überhaupt reflektiert worum es bei diesem Haus ging?

      Ich helfe gern nach: Vermieter belegt die Seitenflügel und Hinterhaus mit Roma. es kommt zu Chaos, Lärm, Müll im Haus, Kriminalität im Umfeld steigt, Altmieter vermuten, sie sollen durch die Roma aus ihren wohnungen gedrängt werden. Vermieter beendet Unterbringung der Roma.

      Sie müssen doch als Mieter nicht in ein solches Haus einziehen, wozu brauche sie da ein Mieterportal?

    • @Stefan Mustermann:

      Dann muss man natürlich auch das Positive/Negative über die Mieter schreiben dürfen ;-)

       

      Von wegen: Gleichberechtigung!