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FrankreichKeine blaue Welle

Präsident Sarkozy musste bei den Parlamentswahlen Federn lassen. Tagesgespräch ist in Frankreich allerdings das Privatleben der Sozialistin Royal.

Dann doch nicht gut genug für eine Zwei-Drittel-Mehrheit: Sarkozy Bild: dpa

Paris taz/dpa/ap Eine rechte Mehrheit, eine nie zuvor dagewesene Polarisierung der Politik und eine rekordhohe Enthaltung der WählerInnen sind die Eckdaten des zweiten und letzten Durchgangs bei den gestrigen Parlamentswahlen in Frankreich. Die UMP, die im vorigen Parlament 359 Abgeordnete hatte, behält zwar ihre parlamentarische Mehrheit. Doch hat sie die angestrebte Zweidrittelmehrheit verfehlt und Sitze verloren. Sie bekommt nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 314 der insgesamt 577 Sitze. Die Fraktion der Sozialisten (PS) im Parlament ist stärker geworden. Die PS, mit zuvor 149 Abgeordneten kommt nach der zweiten Runde der Parlamentswahl auf 185 Sitze. Zwischen den beiden großen Blöcken von UMP und PS werden die kleinen Parteien nicht so komplett zermalmt wie erwartet. Aber sie verlieren ihren Fraktionsstatus. Nur die neue rechte Zentrumspartei der SarkozyfreundInnen hat sich gehalten. Die KPF behält 15 Sitze und leistet damit unerwartet tapfer Widerstand gegen ihren vorausgesagten Tod. Auch die Grünen haben sich gut geschlagen. Statt zuvor drei Abgeordneten bekommen sie im neuen Parlament vier.

Sarkozys rechte Partei verfügt damit über eine Mehrheit im Parlament. Zusammen mit den sarkozygetreuen rechtsliberalen kann er die Regierung bilden und jedes beliebige Gesetz durchsetzen. Aber die vielfach angekündigte blaue Welle ist nicht über das Parlament gegangen. Die UMP hat ihr Ziel, "die größte mögliche Mehrheit" eindeutig verfehlt. Die MeinungsforscherInnen hatten teilweise mehr als 400 Abgeordnete für die UMP für möglich gehalten. Sie waren von einem Herdentrieb der WählerInnen ausgegangen, die traditionell dem soeben gewählten Präsidenten eine starke parlamentarische Mehrheit aus seiner eigenen Partei zur Seite stellen.

Offenbar wollten die WählerInnen dieses mal ein gewisses Maß an Nuancierung im Parlament haben. Eine derartige Korrektur zwischen dem ersten und zweiten Durchgang bei Parlamentswahlen hat es in der V. Republik nicht gegeben. PS-Chef Hollande dankte nun den WählerInnen, er sprach von einer "Kraft gegenüber der neuen Macht, die ein Gleichgewicht in der Demokratie" ermögliche: "Frankreich wird auf seinen beiden Beinen gehen."

Die unterlegene Präsidentschaftskandidatin der Sozialisten, Ségolène Royal, und Hollande gaben indes offiziell ihre Trennung nach rund 30-jähriger Beziehung bekannt. Das bestätigten beide am Sonntagabend. Erste Gerüchte über die Trennung der Parteikollegen, die vier gemeinsame Kinder haben, waren zuvor während der zweiten Runde der Parlamentswahl aufgekommen.

Royal zeigte sich darüber erbost. Sie und Hollande hätten ihre Entscheidung erst Mitte der Woche bekannt geben wollen, sagte sie. Royal hat bei der Präsidentschaftswahl im Mai gegen Nicolas Sarkozy verloren und bemüht sich um den Vorsitz der PS - Hollandes Job.

Im März hatten Fotos der beiden für Verwunderung gesorgt, auf denen sie sich statt einer herzlichen Begrüßung förmlich die Hand reichen. Hollande hatte außerdem im Präsidentschafts-Wahlkampf angekündigt, er werde nach einem Sieg seiner Lebensgefährtin nicht mit ihr im Präsidentenpalast wohnen. Gegen die Autoren eines im Mai veröffentlichten Buches, in dem von Spannungen in ihrer Beziehung die Rede ist, haben beide Klage eingereicht.

Trotz der gestärkt aus dem zweiten Durchgang der Parlamentswahlen hervorgegangenen PS repräsentiert das neue Parlament keineswegs das reale Frankreich. Dafür sorgt vor allem das "romanische Mehrheitswahlrecht", das die stärksten Gruppen im Parlament stärker und die schwächeren schwächer spiegelt. Kleine Formationen kommen bei diesem System überhaupt nicht ins Parlament - auch wenn die Zahl ihrer WählerInnen - wie im Fall der trotzkistischen LCR etwa, eine Million im ersten Durchgang weit überschritten hat.

In den vergangenen 50 Jahren hatte es linke wie rechte Bündnisse mit Zweidrittel-Mehrheit (385 Sitze) gegeben. In drei Fällen kontrollierte eine Partei allein das Parlament. 1993 standen nur 53 sozialistische Abgeordnete einem rechten Bündnis gegenüber, das mit 449 Sitzen eine Drei-Viertel-Mehrheit besaß. In Frankreich begünstigt das Mehrheitswahlrecht klar die stärkste Kraft. Von den elf Ministern der Regierung des Premiers François Fillon, die sich um Mandate bewarben, waren sieben in der ersten Runde gewählt worden.

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