Jubiläen: Öko-Institut fordert neuen Lebensstil
Effiziente Geräte allein reichen nicht, sagt das Öko-Institut und stellt grundsätzliche Fragen an die Gesellschaft.
BERLIN taz Der Energieverbrauch zum Heizen eines Quadratmeters in den deutschen Wohnungen ist seit 1994 gesunken - doch gleichzeitig wuchs die durchschnittliche Wohnfläche. Ein neuer Kühlschrank kann noch so sparsam sein - er verschlechtert die Klimabilanz, wenn der alte als Zweitgerät in den Keller kommt. Bei wachsender Zahl von Geräten reicht effiziente Technik nicht, um den Konsum nachhaltiger zu machen. Der Lebensstil muss sich ändern. Das sieht zumindest das Öko-Institut so, das Freitag seinen 30.Geburtstag feiert.
27 Atomkraftgegner fanden sich 1977 zusammen, um gegen den damals geltenden Mainstream einen Thinktank für Ökologie zu gründen. Drei Jahrzehnte später beschäftigt das Öko-Institut 110 Mitarbeiter und erzielt durch Forschungs- und Beratungsaufträge einen Umsatz von rund 8 Millionen Euro jährlich. Die Energiewende ohne Erdöl und Uran berechneten die Experten bereits 1980, beim Emissionshandel beraten sie die Bundesregierung und für die Fußball-WM 2006 entwickelten sie das Green-Goal-Konzept. Auch die Verbraucher werden mit den "EcoTopTen"-Listen über die sparsamsten Waschmaschinen und Computer informiert.
Doch all das reicht nicht angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel: "Die Frage ist doch, wie viel Konsum wir wirklich brauchen", beschreibt Helmfried Meinel, Vorstandssprecher des Öko-Instituts, das Problem der "Suffizienz". Nur verbrauchen, was wirklich nötig ist - diesen Gedanken will das Öko-Institut in Zukunft stärker in die Öffentlichkeit bringen. "Wir brauchen diese gesellschaftliche Debatte, sonst kommen wir irgendwann in die Situation, in der uns Einschnitte aufgezwungen werden." Kontingentierung von Wohnraum, Zuteilung von Strommengen - keiner will das beim Öko-Institut. Daher müsse man frühzeitig über Alternativen nachdenken.
Allerdings: "Die Suffizienzfrage ist ungleich heikler als die der Effizienz", sagt Geschäftsführer Joachim Lohse. Schließlich droht fundamentalen Kritikern des westlichen Lebensstils schnell der Ausschluss aus der öffentlichen Debatte. Die Suche nach der richtigen Strategie für die kommenden 30 Jahre Zukunft wird spätestens am Freitag beginnen. Denn bei einem Festakt in Freiburg werden auch die kommenden Herausforderungen für das Öko-Institut Thema sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen