Umwelt: Wissenschaftlich gegen die Atomlobby

Das Öko-Institut wird 30. Gegründet aus dem Schoße der Anti-AKW-Bewegung wurden aus den "Technikdissidenten" gefragte Experten.

Die Geburtsstunde des Öko-Instituts: Proteste gegen das Atomkraftwerk Wyhl Bild: dpa

Baden, Mitte der Siebzigerjahre: Demonstranten halten den Bauplatz des Atomkraftwerks Wyhl besetzt, Ministerpräsident Hans Filbinger poltert, ohne das Kraftwerk Wyhl würden "bis Ende des Jahrzehnts die ersten Lichter ausgehen", Gerichte müssen darüber urteilen, ob der Reaktor Wyhl, mit dessen Bauvorbereitungen bereits begonnen war, sicher sein würde oder nicht.

Dazu kam eines der größten Probleme der Atomkraftgegner: Die fachliche Kompetenz in Sachen Atomtechnik war fast ausnahmslos bei technik- und atomkraftverliebten Ingenieuren konzentriert. Die Kritiker kannten diese Technik häufig kaum. Die Umweltbewegung brauchte also Fachkompetenz - aus dieser Erkenntnis gründeten vor 30 Jahren 27 Personen das Öko-Institut.

Die Aktivisten kamen, wie es die Presse damals schrieb, "aus dem Dunstkreis der badisch evangelischen Kirche, der angegrünten Eppler-SPD und der Anwälte der Wyhl-Gegner". Obwohl der Anteil der Naturwissenschaftler unter den Gründern gering war, erlebte das Institut bald einen starken Zulauf von Wissenschaftlern. Diese "Technikdissidenten" ließen das Öko-Institut in wenigen Jahren zum ernstzunehmenden Kontrahenten von Wirtschaftslobbys und einer technikgläubigen Politik reifen.

Und heute? Neben der Atomtechnik bearbeiten die Wissenschaftler mittlerweile auch Themen wie Energie und Klimaschutz, Chemie und Stoffströme sowie Umweltrecht. Auf der Strecke aber blieb etwa das Thema Verkehr. Für ein Institut, das sich vorwiegend über Drittmittel - neben Mitgliedsbeiträge und Spenden - finanziert, gab die Verkehrsforschung nicht mehr genug Aufträge her.

Das Öko-Institut, ein gemeinnütziger Verein, wird von 3.000 Mitgliedern, darunter 40 Kommunen, getragen. 110 Mitarbeiter arbeiten heute in Freiburg, Darmstadt und Berlin. Jahresumsatz: 12,8 Millionen Euro. Knapp ein Fünftel der Aufträge kommt heute aus der Privatwirtschaft, der überwiegende Teil von öffentlichen Auftraggebern wie etwa der EU-Kommission.

Viele Mitarbeiter, die am Öko-Institut ihren Berufseinstieg fanden oder ein paar Jahre dort arbeiteten, sind heute in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik tätig. Und häufig war der Weggang die Fortsetzung der Arbeit mit anderen Mitteln: "Im Energiebereich des Öko-Instituts haben wir CO2-Einsparung und Atomausstieg auf dem Papier konzipiert, mit Lichtblick setzen wir dies nun unternehmerisch um", sagt etwa Gero Lücking, heute Ökostrommanager.

Augenzwinkernd jedoch merkt Rainer Grießhammer, stellvertretender Geschäftsführer des Öko-Instituts an, dass "die Topkader natürlich geblieben" seien. Schließlich lasse sich am Öko-Institut für die gute Sache "noch mehr erreichen als an vielen prominenten Stellen".

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