China: China schönt Umweltstatistik

Weltbank streicht auf Chinas Druck Zahlen der Todesopfer durch Umweltschäden aus einem Bericht. 700.000 Menschen sterben jährlich an Folgen der Luftverschmutzung

Verschweigen, was nicht zu übersehen ist: Luftverschmutzung in China Bild: dpa

PEKING taz Wie viele Opfer fordert die Luftverschmutzung in China? 400.000 Menschen im Jahr, hatte eine Studie der Chinesischen Akademie für Umweltplanung aus dem Jahr 2005 behauptet. Das Ergebnis des Berichts fand weltweit Beachtung. Doch offenbar ist die Zahl der Opfer viel höher - allerdings wollen die, die das wissen, es der Öffentlichkeit nicht sagen.

Nach Informationen der Financial Times (FT) sollen tatsächlich jedes Jahr bis zu 700.000 Menschen in China aufgrund von Luftverschmutzung frühzeitig sterben. Die FT beruft sich auf Berater der Weltbank und chinesische Beamte, die an dem von Weltbank und Peking in Auftrag gegebenen Bericht "Die Kosten der Umweltverschmutzung in China" gearbeitet haben.

Scheinbar gingen die Ergebnisse des Berichts den Auftraggebern zu weit. So zitiert die Zeitung Eingeweihte, die behaupten, dass die neuen Angaben zu den Opfern der Luftverschmutzung in China auf Geheiß der chinesischen Regierung gestrichen wurden. Der Bericht sei im März erstmals veröffentlicht worden und enthalte keine Opferzahlen. Entsprechend nahm kaum jemand Notiz. Auch eine Karte, die die Konzentration der meisten Opfer in den Städten Nordchinas zeige, sei zensiert worden. Die Weltbank habe diesen Streichungen "widerwillig" zugestimmt. "Der Weltbank wurde gesagt, die Informationen könnten soziale Unruhen auslösen", zitiert die FT einen Weltbankberater.

Die Zensur der Weltbankstudie steht im Gegensatz zur offiziell verkündeten Pekinger Umweltpolitik. Mit einem umfangreichen Zahlenwerk hatte das chinesische Umweltministerium (Sepa) in den vergangenen Jahren die Dimension der Ökokrise in China erahnen lassen. Es bezifferte die Umweltfolgekosten des derzeitigen Wirtschaftens auf 10 Prozent des Bruttosozialprodukts. Es ließ eine Studie der Asiatischen Entwicklungsbank veröffentlichen, die erstmals Peking als dreckigste Metropole Asiens auswies. Es warnte, die Luftverschmutzung könnte sich in 15 Jahren vervierfachen. Schon jetzt beherbergt China 16 der 20 weltweit am meisten verschmutzten Städte.

Nun zeigt der Streit über den Weltbankbericht, wie umstritten die neue Ökotransparenz in der Pekinger Regierung noch ist. Dabei ist laut dem Bericht vor allem die Zahl der Opfer höher als angenommen, die wegen schlechter Luft zu Hause vorzeitig sterben - sprich: die auf ungesunde Art mit Kohle und Holz heizen und kochen. Statt wie angenommen 100.000 sollen bis zu 300.000 Menschen jährlich an den Folgen schlechter Haus- und Zimmerluft sterben. Die Zahl der Opfer atmosphärischer Luftverschmutzung beträgt laut dem neuen Bericht 350.000 bis 400.000, zuvor wurde sie auf 300.000 geschätzt.

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