Kommentar: Showdown nur im Bundestag
Hessens CDU-Wirtschaftsminister hat recht: Das Schienennetz muss in der Kontrolle des Bundes bleiben. Seine Kollegen werden sich aber mit Trostpflastern zufrieden geben.
D ie Verkehrsminister der Länder stellen sich quer und könnten Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee unter Zeitdruck bringen. Der will möglichst schnell sein Bahnprivatisierungsgesetz durch Bundesrat und Bundestag bringen. Doch so einfach wird es nicht, die Länder wollen ein neues Gutachten und Änderungen in Tiefensees Gesetz.
Zu Recht fordern sie mehr Kontrolle darüber, ob die Bahn das von ihr kontrollierte Schienennetz in der Provinz nicht vergammeln lässt. Auch das Anliegen, die Gebühren für die Benutzung der Gleise und Bahnhöfe nicht zu stark steigen zu lassen, ist nachvollziehbar. Schließlich müssen die Länder mit den knapp 7 Milliarden Euro, die sie für den Nahverkehr vom Bund bekommen, sinnvoll haushalten.
Allerdings sind die Bundesländer schon jetzt in diesen Fragen stärker, als die Diskussion es vermittelt. Sie können bestimmen, ob Züge der Bahn AG die Städte und Dörfer in den Regionen bedienen oder die der Konkurrenten. Sie können durch Ausschreibungen für Wettbewerbsdruck und sinkende Kosten sorgen.
Doch noch immer werden große Flächen ohne ein solches Vergabeverfahren vergeben, häufig an die Deutsche Bahn. Das öffnet den Raum für Spekulationen, zum Beispiel über den Beratervertrag der Bahn für den früheren brandenburgischen Verkehrsminister Hartmut Meyer. Oder den Vorstandsposten für seinen ehemaligen bayerischen Amtskollegen Otto Wiesheu.
Für einen fairen Wettbewerb müssen aber saubere Voraussetzungen gelten. Deshalb hat Hessens Verkehrsminister Alois Rhiel recht mit seiner fundamentalen Kritik an dem Gesetzentwurf. Das Schienennetz muss in der Kontrolle des Bundes bleiben, sonst drohen ähnliche Entwicklungen wie in der Energiewirtschaft. Dort behinderten die früheren Monopolisten den Wettbewerb durch zu hohe Gebühren für ihre Netze. Mit dieser Position dürfte sich Rhiel nicht durchsetzen, seine Kollegen werden sich mit Trostpflastern zufriedengeben. Wer den Börsengang der Bahn ganz oder auch nur in der jetzt geplanten Form ablehnt, muss daher auf den Showdown im Bundestag nach der Sommerpause hoffen.
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