Missbrauchs-Prozess: Marco W. bleibt in Untersuchungshaft

Ein Gericht in der türkischen Stadt Antalya vertagt Prozeß um sexuellen Mißbrauch auf den 6. September.

Wartet weiter auf seine Verhandlung: Marco W. Bild: dpa

ISTANBUL taz Der 17jährige deutsche Schüler Marco W. bleibt weiter in der türkischen Mittelmeerstadt Antalya in Haft. Trotz für ihn angeblich günstiger Zeugenaussagen, vertagte das Gericht den Prozess auf den 6. September, ohne Marco W. aus der Untersuchungshaft zu entlassen.

Marco wird beschuldigt, eine 13jährige Britin sexuell missbraucht zu haben. Während der Osterferien im Badeort Side in der Nähe von Antalya hatte er das Mädchen kennen gelernt. Nach einem Discoabend hätte das Mädchen Marco mit in ihr Zimmer genommen. Man habe Zärtlichkeiten ausgetauscht, aber nicht miteinander geschlafen. Marco gibt an, dass Mädchen hätte ihm gegenüber gesagt, sie sei 15 Jahre alt. Er sei völlig geschockt gewesen, als er erfahren habe, dass sie erst 13 Jahre alt sei.

Nach dem nächtlichen Treffen erschien anderntags die 13jährige mit ihrer Mutter und älteren Schwester bei der Polizei und erstattete Anzeige wegen versuchter Vergewaltigung. Seitdem sitzt Marco in Untersuchungshaft. Gestern war sein dritter Gerichtstermin.

Da es um Minderjährige geht, ist das Verfahren für die Öffentlichkeit und die Presse gesperrt. Gestern wurde der Arzt vernommen, der das Mädchen als erster nach den erhobenen Vorwürfen untersucht hatte. Der Gynäkologe Levent Hekim sagte später vor der Presse, er habe dem Gericht bestätigt, dass Marco gegenüber dem Mädchen keine Gewalt angewandt habe und es auch zu keinem Geschlechtsverkehr gekommen sei. Allerdings hätte er Spermaspuren in der Vagina festgestellt. Die Mutter sei sehr aufgeregt gewesen, weil sie befürchtet habe, dass das Mädchen schwanger sein könnte. Ein weiterer Zeuge, ein Freund der älteren Schwester des Mädchen, sagte gestern vor Gericht ebenfalls aus. Es wurde nicht bekannt, ob er Marco be- oder entlastet hat.

Der in Antalya anwesende deutsche Anwalt von Marco, Nikolaus Walther, beklagte nach der Verhandlung, dass Marco nach wie vor in U-Haft gehalten werde. Vier Monate Untersuchungshaft angesichts der kaum belegten Vorwürfe hält er für völlig unverhältnismäßig. Marco, so Walther, sei in einer psychisch schlechten Verfassung. Er sei regelrecht in ein Loch gefallen, als er gehört habe, dass er im Gefängnis bleiben müsse.

Das Gericht wartet, dass die Britin im Wege der Amtshilfe zu Hause vernommen und ihre Aussage nach Antalya übermittelt wird. Die Eltern von Marco hatten die Mutter des Mädchens über die Bild -Zeitung aufgefordert, ihre Anzeige zurückzuziehen. Die Familie lehnt Kontakt zu den Eltern Marcos ab.

In Deutschland waren der Prozess und die Untersuchungshaft von Marco zunächst auf Protest gestoßen, weil es so schien, dass er wegen einer Bagatelle willkürlich festgehalten werde. Nun hat sich herausgestellt, dass das Verfahren ob der erhobenen Vorwürfe und angesichts der Tatsache, dass das Mädchen minderjährig ist, auch in Deutschland nicht viel anders verlaufen wäre. Das Gericht, meinte in Antalya ein deutscher Experte, wäre dort nur wesentlich schneller zu einem Ergebnis gekommen.

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