die wahrheit: eine stadt sieht grün
Die Schotten behaupten, den Fußball erfunden zu haben. Das lässt ihre Nationalelf nicht besser spielen. Weltspitze sind nur die Hooligans.
E ndlich wieder Bundesliga. Vorbei ist die Zeit, wo man sich aus purer Not Menschen mit lächerlichen Filzkugeln in Wimbledon oder Chemiemutterschiffe auf Drahteseln in Frankreich anschauen muss. Den Schotten sei Dank. Denn sie haben Fußball erfunden. Das behaupten sie jedenfalls.
In einem lateinischen Buch, das vor fast 400 Jahren geschrieben und jetzt übersetzt wurde, beschreibt der Dichter und Lehrer David Wedderburn aus Aberdeen ein Spiel, bei dem ein Ball getreten wird. Das wäre wenig bemerkenswert, denn viele Länder glauben, dass sie den Fußball erfunden haben. Die Chinesen spielten schon vor 4.700 Jahren "Cuju", bei dem Soldaten einen Lederball durch ein Loch im Garnisonstor schießen mussten. Und in den USA hat man zwei 6.000 Jahre alte Steinkugeln gefunden, die von Indianern zu einer Art Fußballspiel benutzt wurden.
Das erste internationale Spiel fand 1586 auf Grönland statt, wo der englische Forscher John Davis und sein wissenschaftliches Team gegen die Bewohner von Godthab antraten. Deshalb meinen die Engländer, dass sie den Fußball erfunden haben. Ihr Verband ist aber erst 1863 gegründet worden. Im ersten Regelwerk gab es keine Torhüter, und der Ball durfte wie beim Rugby nicht nach vorne abgespielt werden.
Im Buch von David Wedderburn klingt das anders. In der europäischen Ölhauptstadt Aberdeen gab es 1633 bereits Torhüter, und die langen Pässe beherrschten die Schotten offenbar auch. Leider haben sie es inzwischen verlernt, wie ihre Erfolglosigkeit zeigt. Nur ihre Hooligans sind Weltspitze, vor allem die in Larkhall, keine 30 Kilometer südöstlich von Glasgow.
In den vergangenen drei Jahren sind in der Kleinstadt 205 grüne Ampelgläser demoliert worden. Das hat die Stadtverwaltung fast 17.000 Pfund gekostet. Um den Hooligans die Arbeit zu erschweren, hat man begonnen, die Gläser durch Drahtgitter zu sichern. Grund für den Hass auf die Grünphase ist Celtic Glasgow, denn die Vereinsfarben des katholischen Vereins sind grün und weiß. Larkhall hingegen ist fest in der Hand der protestantischen Rangers-Fans. Von den 15.000 Einwohnern sind gerade mal 2.000 katholisch, sie mussten ihre Kirche außerhalb der Stadttore bauen. Nicht nur die grünen Ampeln müssen in dem bigotten Nest dran glauben. Die Apothekenkette Moss änderte vor fünf Jahren den Außenanstrich ihrer Filiale in Larkhall von grün auf rot. Das wird aber nichts nützen, denn das englische Wort "Moss" bedeutet nun mal "Moos", und das ist grün. Die internationalen Brötchenbeleger von Subway wollen nun auch die grüne Farbe abschaffen. Vermutlich wird Brokkoli in dem Kaff schon lange nicht mehr verkauft, und die grünen Bohnen sind in Tomatensauce eingelegt.
Die Stadtverwaltung sieht dagegen keine Probleme. Die meinte, es seien ganz normale kleine Vandalen, und die reichen an die untersten Ampelgläser eben leichter heran. Man plane, alle Ampeln ein bisschen höher zu hängen. Statt dessen sollte man sie lieber umgekehrt aufhängen. Dann würde sich zeigen, ob die Zwergvandalentheorie stimmt.
Die berühmtesten Fußballer aller Zeiten aus Larkhall waren übrigens Paul und Willie McStay. Beide spielten für Celtic.
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