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Sanierung des Klimas100 Tonnen Eisendünger ins Meer

Die kalifornische Firma Planktos will die Meere mit Eisen düngen, um die Algen zum Wachstum anzuregen. Das soll Treibhausgase binden. Forscher warnen vor solchen Experimenten.

Sieben verkettete Kieselalgen. Vor allem diese Art wächst, wenn man mit Eisen düngt. (Das Bild durchmisst einen halben Millimeter.) Bild: Alfred-Wegner-Institut

BERLIN taz | Mit der Umweltverschmutzung lässt sich Geld verdienen. Das ist auch der kalifornischen Firma Planktos Inc. bekannt. Das Unternehmen mit Büros in Kanada und Europa setzt auf den Emissionshandel mit dem Treibhausgas Kohlendioxid (CO2).

Planktos hat unter anderem bereits Vereinbarungen mit der Computer-Firma Dell und dem Vatikan getroffen, CO2 speichende Wiederaufforstungsprojekte durchzuführen. Heftig umstritten ist jedoch Planktos Vorhaben, die Weltmeere mit Eisen zu düngen, um das Algenwachstum anzuregen. Das in der Biomasse gespeicherte CO2 soll, so Planktos Plan, dann mit dem abgestorbenen Plankton für ewig auf dem Meeresboden verschwinden.

Trotz der Warnungen von Meeresforschern, dass die Folgen überhaupt nicht abschätzbar seien, treibt Planktos sein Geschäftmodell emsig voran. Um erste großflächige Versuche durchzuführen hat Planktos sein Forschungsschiff "Weatherbird II" in den Pazifik geschickt. Rund 100 Kilometer westlich der Galapagos-Inseln wollen die Planktos-Mitarbeiter auf einer Fläche größer als Puerto Rico 100 Tonnen Eisendünger ausbringen.

Unmittelbar nachdem die Weatherbird II in See stach, hat die als militant bekannte Umweltorganisation Sea Shepherd reagiert. Für die Umweltschützer ist das ganze Vorhaben ein "gefährliches Science fiction-Abenteuer". Die hundert Millionen Dollar, die in die Eisendüngerversuche gesteckt werden, wären nach Ansicht von Sea Shepherd viel besser angelegt, wenn man damit auf den Galapagos-Inseln Solaranlagen zur Energiegewinnung bauen würde.

Um die Eisendüngung im Umfeld der zum UNESO-Welterbe gehörenden Galapagos-Inseln zu verhindern, hat die Umweltorganisation dort jetzt ihr Flagschiff "Farley Mowat" positioniert. Proteste gegen die Eisenversuche kamen auch von der Verwaltung des Galapagos National Parks. Offiziell ist sie über die Eisendüngungen nicht informiert worden. Sie hat es nur aus der Zeitung erfahren.

Die Idee, mit Eisen den Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre aufzuhalten, kam ursprünglich von dem US-Ozeanografen John Martin. Er stellte Anfang der 1990er Jahre fest, dass in einigen großen Regionen der Ozeane fast überhaupt kein Plankton zu finden ist - obwohl ausreichend Nährstoffe vorhanden waren. Weitere Untersuchungen ergaben, dass in diesen "paradoxen Zonen" der Mikro-Nährstoff Eisen fehlte, ohne dem Plankton nicht auskommt. Seine Schlussfolgerung damals: "Gebt mir einen halben Tanker mit Eisen, und ich werde für eine Eiszeit sorgen".

Zwölf Forschungsexpeditionen sind seitdem durchgeführt worden, um die Eisen-Hypothese zu überprüfen. "Da Eisen sehr schnell rostet und damit von den Algen nicht aufgenommen werden kann, haben wir Eisensulfid genutzt", erklärt Professor Ulrich Bathmann vom Alfred Wegner-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven. Das AWI hatte 2004 mit seinem Forschungsschiff "Polarstern" an einem internationalen Eisendünger-Versuch im Südatlantik teilgenommen. Unter anderem konnte dabei auch nachgewiesen werden, dass die durch "Eisendüngung erzeugte Algenblüte Kohlendioxid aus der Atmosphäre in die Tiefsee transportiert".

Doch das Leistungsvermögen dieser künstlich angetriebenen "biologischen CO2-Pumpe" ist nicht so hoch wie einige Forscher erwartet hatten. Im Vergleich mit dem natürlich ablaufenden Prozess waren die Eisendüngerversuche nach Angaben des AWI "10 bis 100 mal weniger effizient".

Ungeklärt ist weitgehend auch, was auf dem Meeresboden geschieht, wenn dort die Algen in großen Mengen abgelagert werden. In flachen Meeresregionen könnte es dort durch Abbauprozesse zum übermäßigen Verbrauch von Sauerstoff kommen. Nach dem Motto "Kohlendioxid runter, Sauerstoff rauf", so AWI-Forscher Bathmann, wäre dann ein lebloser Meeresboden das Ergebnis. Und was in größeren Tiefen geschieht, das "wissen wir nicht", sagt Bathmann: "Hier ist noch eine ganze Reihe von Experimenten notwendig". Auch seien überhaupt keine Daten über den Einfluss auf höhere Tiere, Wale etwa, verfügbar, fügt er noch hinzu.

Für Bathmann ist es daher auch nicht verantwortbar, jetzt schon in eine großflächige industrielle Eisendüngung der Weltmeere einzusteigen. Um den jährlichen CO2-Ausstoß zu kompensieren, müsste der gesamte Südozean komplett mit Eisen gedüngt werden. Es wäre ein Experiment mit noch nicht einmal in den Grundzügen abschätzbaren Folgen.

"Wir können private Initiativen wie Planktos nicht stoppen", bedauert der Meersforscher Bathmann. Jedenfalls solange sie nicht direkt in der Antarktisregion stattfinden. Denn nur in diesem Bereich greift der Antarktisvertrag, nachdem alle umweltschädlichen Aktivitäten verboten sind. Auch die Eisendüngerversuche des AWI, konnten erst nach Erstellung einer Umweltverträglichkeitsprüfung durch das Umweltbundesamt (UBA) genehmigt werden. Für den weitaus großen Teil der Weltmeere gibt es jedoch keine verbindlichen Regelungen.

Diese Lücke nutzt das kalifornische Unternehmen Planktos. Der Galapagos-Versuch ist für Planktos nur der Auftakt einer ganzen Reihe von Großversuchen. Insgesamt sechs, jeweils vier Monate dauernde Eisendüngerversuche hat Planktos erst einmal geplant. Sie sollen sowohl im Pazifik als auch im Atlantik durchgeführt werden. Geplant ist zudem, die Menge des Eisendüngers von Versuch zu Versuch zu steigern.

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3 Kommentare

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  • GB
    Gustav Böhm

    Hier ein paar Informationen:

    - Wir bringen jedes Jahr ca. 30 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre ein. Wer stoppt diesen globalen Versuch? Keiner, ich auch nicht, meine Familie will es warm, mit dem Auto fahren und ab und zu in den Urlaub fliegen.

    - Ich habe dieses Verfahren seit 2 Jahren studiert und bin zu folgendem Schluß gekommen:

    - Große bis riesige Planktonfelder kommen oft durch natürliche Prozesse vor (Wüstensturm, der Sand und somit Eisen aufs Meer trägt, Vulkanausbrüche etc)

    - Ackerbau betreiben wir schon seit Tausenden von Jahren, jeder Bauer kennt heute den Zusammenhang zwischen Düngung und Ertrag. Lassen Sie uns einmal versuchen, die Menschen auf dem Globus ohne Düngung zu ernähren, sie würden damit den Tod von Millionen von Menschen erzwingen.

    - Ein Düngevorgang im Meer ist für uns relativ neu und verunsichert dementsprechend. Aber ansich machen wir nichts anderes als auf dem Acker.

    - Das Resultat ist aus heutiger Erkenntnis: Höherer Fischbestand, Entfernung einer gewissen Menge von CO2 aus dem Kreislauf.

    - Risiko Planktondüngung: Es sind noch nicht alle Details bekannt.

    - Risiko CO2 Ausstoß: Tod von Millionen Menschen durch klimatische Veränderungen

    - Lassen Sie in den nächsten 5 Jahren jährlich 10 Schiffe mit 100 Tonnen Eisen rausfahren. Dann haben wir 5 000 Tonnen in dieser Konzentration total ungefährliches Eisen auf Meer gebracht. Dies steht im Verhältnis von 150 000 000 000 Tonnen CO2, das wir in die Atmosphäre gebracht haben.

    - Wir haben dann viel mehr belastbare Daten und wissen, wieviel es bringt und können weitere Entscheidungen treffen oder gar Verbesserungen einführen.

    - Stattdessen diskutieren wir uns auf wissenschaftlicher Ebene müde und letztendlich passiert nichts, weil immer jemand etwas dagegen haben wird. Wir haben keine Zeit mehr für sowas.

    - So kommen wir wirklich nirgendwo hin. Ich bitte Sie, unterstützen sie dieses Vorhaben, wo es geht. Sonst werden wir an dem wirklichen Großexperiment mit der vollständigen Verbrennung von fossilen Rohstoffen und deren Einbringung in die Atmosphäre grandios scheitern.

    - Nochmal: in 5 Jahren 5 000 Tonnen Eisen gegen 150 000 000 000 Tonnen CO2.

    Jetzt entscheiden Sie.

    Mit freundlichen Grüßen

    Gustav Böhm

    Entwicklungsingenieur Wasserstoff-Technologie und staatl. geprüfter

    Energieberater

  • S
    seebaerli

    Hier kommt wieder die Duennsaeureverklappung. Diesmal getarnt als Geschaeftsmodell.

  • RE
    Ralf Emme

    So lange man mit der Angst vor dem drohenden Umweltkollaps Geld machen kann, werden solche fragwürdigen Geschäftemacher wie diese Amerikanische Firma (wen wundert´s???) ihre hanebüchenen Projekte durchziehen. Ob das Erfolg hat? Klar! Bei der Atomkraft als zweifelhafter Klimaretter klappt`s ja auch. Man darf gespannt sein, was noch an zweifelhaften Konzepten zur Rettung des Planeten von irgendwelchen Geschäftemachern aus dem Hut gezogen wird. Gewinner wird es dauerhaft allerdings keine geben, wenn Mensch weiterhin seine Ökonomie der Ökologie vorzieht