Pressefreiheit im Kongo: Selektiv ungerecht

Zwei Journalistenmorde, sieben Todesurteile: Wie merkwürdig Militärtribunale im Kongo die Pressefreiheit im Land verteidigen.

Einer der ermordeten Journalisten arbeitete beim UN-Radiosender "Radio Okapi" Bild: dpa

Ist es besser, Morde an Journalisten durch Militärs ungesühnt zu lassen oder dafür die Falschen hinzurichten? In der Demokratischen Republik Kongo hat ein Militärgericht in der Stadt Bukavu im Osten des Landes vier Männer wegen Mord am Journalisten Serge Maheshe zum Tode verurteilt - aber zwei Soldaten, die von Augenzeugen als die Mörder identifiziert worden waren, kamen frei. Die am Dienstag gefällten Urteile sorgen für Empörung: Kongos Journalistenorganisation "Journaliste en Danger" (JED) sagte, sie sei "erstaunt", die internationale Medienoganisation "Reporter ohne Grenzen" erklärte: "Wir dachten nicht, dass das Militärgericht von Bukavu in der Inkohärenz und der Verweigerung von Gerechtigkeit so weit gehen würde."

Der Mord an Maheshe hatte in der traditionell unruhigen ostkongolesischen Metropole Bukavu für breiten Protest gesorgt. Der Journalist beim UN-Radiosender "Radio Okapi" war am Abend des 13. Juni auf offener Straße erschossen worden, auf dem Nachhauseweg von seinem Sender, während er mit einem Freund in ein UN-Fahrzeug einsteigen wollte. Augenzeugen sahen zwei Soldaten vom Tatort weglaufen, einer davon mit einer noch rauchenden Waffe, und die beiden wurden auch prompt festgenommen. Das Tribunal hat nun die beiden Soldaten freigesprochen und stattdessen die beiden Augenzeugen zum Tode verurteilt, dazu zwei Kleinkriminelle, die im Auftrag der Ersteren den Mord ausgeführt haben sollen, für je 15.000 Dollar und Flugtickets nach Südafrika. Ob deren Waffen überhaupt die Tatwaffen waren, wurde nicht analysiert, und ihr "Geständnis", das die beiden während des Verfahrens erst zurückzogen und dann wieder neu einbrachten, wurde auch nicht weiter hinterfragt.

Von einer Militärgerichtsbarkeit im Ostkongo ist wohl nichts anderes zu erwarten: Die Armee in der Region ist in rivalisierende Fraktionen gespalten und alle begehen routinemäßig schwerste Menschenrechtsverletzungen, die nie geahndet werden. Kämpfe und Vertreibungen breiten sich dieser Tage immer weiter aus. Nun bestätigt das Maheshe-Urteil, dass man vom Staat keine Gerechtigkeit erhoffen darf.

Dass es auch anders geht, zeigt ein fast zeitgleich beendetes Verfahren am anderen Ende des Kongo, in der Hauptstadt Kinshasa. Dort verkündete das Militärtribunal des Stadtteils Matete am 24. August drei Todesurteile wegen der Ermordung des Journalisten Bapuwa Mwamba. Der langjährig exilierte und für seine analytische Feder berühmte Wirtschaftsjournalist war am 8. Juli 2006, kurz vor Kongos ersten freien Wahlen, in seinem Haus in Kinshasa erschossen worden, nachdem er regierungskritische Artikel veröffentlicht hatte. Drei Verdächtige wurden wenig später verhaftet und gestanden.

Die Todesurteile erfolgten zwar nicht wegen Mordes, weil den Tätern kein Vorsatz nachgewiesen werden konnte. Doch Totschlag, kriminelle Verschwörung, bewaffneter Raubüberfall und illegaler Waffenbesitz wogen zusammen genauso schwer. Dazu bekam Mwambas Familie umgerechnet 4,5 Millionen Euro staatliche Entschädigung zugesprochen, weil er mit Waffen der Regierungsarmee getötet wurde.

Klingt nach korrektem Verfahren - ist es aber nur bedingt. Wohl nur weil die drei Mörder keine aktiven Soldaten waren, kannte das Militärtribunal von Matete keine Gnade, anders als das von Bukavu. Wer den Mord an Mwamba in Auftrag gab, blieb im Dunkeln. Es gibt Justiz im Kongo - aber nur selektiv.

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