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die wahrheitReiten, reiten, reiten mit Hubertus Heil

Michael Ringel
Kommentar von Michael Ringel

Hubertus Heil - das klingt nach Gamsbart und Lodenmantel, Flinte auf Hochstand, Korn im Morgengrauen, Hasenjagd und Jägerlatein, Fangschuss und Halali - weit gefehlt!

H ubertus Heil ist Generalsekretär der SPD und sieht nicht so aus, als ob er im Unterholz Hasen hinterhersteigt. Allerdings war Heil, bevor er sein hohes Amt antrat, Mitarbeiter der brandenburgischen Landtagsabgeordneten Heidrun Förster, und wahrscheinlich stammt aus dieser Wald- und Wiesenzeit im wilden Osten seine Abneigung gegen kleine Tiere. "Die Koalition ist kein Ponyhof", erklärte Hubertus Heil in dieser Woche zum Zustand der Bundesregierung.

In diesen ponyverachtenden Worten ihres stahlharten Generalsekretärs spiegelt sich das ganze Dilemma der Sozialdemokraten kurz vor dem richtungsweisenden SPD-Parteitag am Wochenende in Hamburg, auf dem ein neues Grundsatzprogramm beschlossen werden soll. Die SPD hat keine Utopie mehr. Sie ist überaltert, verknöchert, und der Lichtschein der aufgehenden roten Sonne wärmt die Genossen schon lange nicht mehr. Denn nicht nur die durch und durch sozialdemokratisierte Koalition, auch die SPD selbst ist längst kein Ponyhof mehr, "kein Kuschelverein", wie Heil später brutal nachlegte. Genau das aber wollen die Menschen: kuscheln, bis das Fell glüht. Und wenn man schon sonst kein Versprechen mehr hat, sollte man ihnen doch wenigstens den ideellen Ponyhof lassen.

War nicht zum Beispiel die "Immenhof"-Serie der Fünfziger- und Sechzigerjahre das verfilmte Godesberger Programm? "Ferien auf dem Immenhof" - das war reine Sozialdemokratie mit einer traumhaft idyllischen Handlung: Das Ponygestüt Immenhof gehört Oma Jantzen. Auf Immenhof leben auch ihre Enkelinnen Angela, Dick und Dalli. Oma Jantzen aber hat große Geldsorgen, so dass dem Ponyhof sogar die Schließung droht. Doch am Ende wird der Immenhof gerettet.

Wer aber denkt beim Namen Angela nicht sofort an Angela Merkel, die sozialdemokratischste CDU-Vorsitzende, die es je gab? Ist Dick dann Münte? Und Dalli Glos? Und wer ist Oma Jantzen? Die SPD? Und gibt es auch für die Koalition am Ende doch noch eine Rettung?

Das ist es, was die Menschen von der SPD wollen: die Rettung des Ponyhofs. Und keine eiskalten Macherworte, die daran erinnern, dass das Leben kein Zuckerschlecken ist, der Fußball kein Mädchenpensionat und Politik nichts für Kuschelbären.

Wenn die alte Tante SPD überleben will, dann sollte sie einige dringend notwendige Punkte in ihr neues Programm einarbeiten: Ein Ponyhof bedeutet harte Arbeit. Nur dort können Jungsozialisten das Ausmisten und Striegeln lernen. Reitstunden gibt der Generalsekretär persönlich. Der Vorwärts aber wird mit Wendy, der Mädchenpferdezeitschrift, zusammengelegt und zur Pflichtlektüre für alle Jungsozialistinnen, die selbstverständlich ein Freiabonnement erhalten. Das wäre eine letzte Möglichkeit, wie die SPD ihre mumifizierten Ortsvereinsbesatzungen auffrischen könnte.

Vielleicht sollte irgendjemand dem Generalsekretär Hubertus Heil diese Botschaft mit auf den Weg zum Parteitag geben. Am besten mit dem Ponyexpress.

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Michael Ringel
Wahrheit-Redakteur
Jahrgang 1961, lebt in Berlin-Friedenau und ist seit dem Jahr 2000 Redakteur für die Wahrheit-Seite der taz.

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