Dubiose Auftragsvergabe: Hafenkrimi in Niedersachsen

Die Opposition in Hannover will die Probleme bei der Planung des Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven zum Wahlkampfthema machen. Doch zuerst muss Sigmar Gabriel ein paar Fragen beantworten.

Hier bei Wilhemshaven soll Deutschlands einziger Tiefseehafen entstehen. Bild: ap

HANNOVER taz Kein Schiff wird kommen. Wenigstens noch nicht 2010, wie es Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und sein Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) versprechen. Das glauben SPD und Grüne, wenn sie an den Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven denken. Das größte Infrastrukturprojekt Norddeutschlands ist einer der wenigen Stolpersteine, der die schwarz-gelbe Landesregierung vor der Wahl im Januar noch gefährden könnte. Am Donnerstag sagen die Exregierungschefs von Bremen und Niedersachsen, Henning Scherf und Sigmar Gabriel (beide SPD), vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Hafen aus.

Zu gerne würden Wulff und Hirche noch vor der Wahl den ersten Rammschlag für das rund eine Milliarde Euro teure "Jahrhundertprojekt" feiern. Doch inzwischen rechnen Experten mit Herbst 2008. Wenn nicht bald die Bagger anrollen, steht zumindest Hirches Job auf dem Spiel.

Eigentlich sollte 2006 Baubeginn sein. Zunächst verzögerte die Ausweisung eines Naturschutzgebietes das Projekt: Vier Rohrdommeln waren in Hafennähe gesichtet worden. Inzwischen warten Wulff und Co. auf einen Gerichtsentscheid über Eilanträge von Umweltverbänden. Außerdem gibt es Probleme mit der Beschaffung von 80.000 Tonnen Stahl für den Superhafen, der eines Tages 1.000 Jobs schaffen soll. Die Opposition argwöhnt noch Schlimmeres: Die Politik soll mit dem Baukonzern Hochtief gekungelt haben. SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner rügt "dubioses Managementverhalten" im Hirche-Ministerium, der Grüne Stefan Wenzel sieht einen "Hafenkrimi".

Es geht nicht um Kleckerbeträge aus den Kassen von Niedersachsen und Bremen, die den Hafen gemeinsam stemmen wollen: Der Auftrag, der im Frühjahr an Hochtief vergeben wurde, umfasst 480 Millionen Euro. Damit soll ein 360 Hektar großes Hafenareal gebaut werden. Eine Einladung an die neuen Containerschiffe mit Tiefgang von bis zu 18,50 Metern. Die Pötte sind 400 Meter lang, können aber Hamburg und Bremerhaven nur noch bei Flut anlaufen: Ein Wettbewerbshindernis. Wachsender Welthandel mit immer gewaltigeren Schiffen bedeutet für die Häfen zwar enorme Zuwachsraten, Bremerhaven stößt aber an Kapazitätsgrenzen. Wilhelmshaven könnte die Lücke füllen.

Allerdings sollen Wirtschaftsministerium und die Bremer kräftig an der Auftragsvergabe manipuliert haben, damit Hochtief loslegen kann. Indiz: Im April wurde der Hafen-Chefplaner gefeuert - angeblich wegen zu großer Nähe zum Hochtief-Konkurrenten, dem Bauunternehmen Bunte. Erst dann erhielt Hochtief den Megaauftrag. Allerdings hatte der Hafenplaner den richtigen Riecher: Ein Gericht kassierte im September wegen Formfehlern den Zuschlag für Hochtief, nun baut Bunte.

Eigentlich wollten SPD und Grüne mit dem Untersuchungsausschuss Wahlkampfmunition sammeln. Doch zunächst drehen CDU und FDP den Spieß um. Scherf, heute Rentier, und der amtierende Bundesumweltminister Gabriel werden sich bei ihrer Vernehmung peinliche Fragen stellen müssen. Es geht um die Zeit vor 2003, als der damalige niedersächsische Regierungschef Gabriel seinem Amtskollegen Scherf offenbar Millionenzugeständnisse machte, um Bremen bei der Stange zu halten.

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