GDL entscheidet über Bahnangebot: Mogelpackung oder Tischvorlage
Die Lokführergewerkschaft GDL verkündet am Montag ihre Position zum neuen Angebot der Bahn. Dieses soll bis zu 13 Prozent mehr Lohn enthalten.
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) steht am Montag vor einer der schwierigsten Entscheidungen ihrer Geschichte: Soll sie auf der Grundlage eines neuen Angebotes der Bahn Tarifverhandlungen aufnehmen oder nicht? Wie schwer der Gewerkschaft, die mit mehreren Streiks den gesamten Bahnverkehr in Deutschland stark beeinträchtigt hatte, die Entscheidung fällt, lässt sich schon am Zeitplan erkennen: Wollte die GDL ihren Beschluss ursprünglich am Montag um 11 Uhr verkünden, nimmt sie sich nun bis 16 Uhr dafür Zeit.
Unklar ist, wie das Bahnangebot, über das beide Seiten Stillschweigen vereinbart hatten, konkret aussieht. Zwar hat Bahnchef Hartmut Mehdorn dieses Schweigen am Samstag auf einer Veranstaltung in Neu-Ulm gebrochen, dennoch bleiben Fragezeichen. Die Bahn habe Einkommenssteigerungen zwischen 8 und 13 Prozent geboten, so Mehdorn. Die Tarifeinheit bei der Bahn stehe aber nicht zur Disposition. Der Grundsatz "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" dürfe nicht aufgegeben werden.
Andere Quellen berichten hingegen, der GDL sei ein eigenständiger Tarifvertrag angeboten worden. Dieser müsse sich allerdings, wie im Ergebnis des Moderationsverfahrens im Sommer vereinbart, in das gesamte Tarifwerk der Bahn konflikt- und widerspruchsfrei einfügen. Zudem soll laut Spiegel der GDL zugesichert worden sein, künftig über alle lokführerspezifischen Regelungen getrennt verhandeln zu dürfen.
Fraglich ist auch, wie die 8 bis 13 Prozent Lohnsteigerungen zusammenkommen - bei den bisherigen Angeboten der Bahn waren schon 10-prozentige Lohnerhöhungen die Regel, indem die Arbeitszeit verlängert werden soll und schon geleistete Überstunden nicht abgebummelt, sondern bezahlt werden sollen. Die Lokführergewerkschaft hatte solche Angebote stets als "Mogelpackung" abgelehnt - 13 Prozent statt 10 Prozent auf so fragwürdiger Basis wären nicht viel mehr.
GDL-Sprecher Maik Brandenburger erklärte am Wochenende, Hauptvorstand und Tarifkommission der Gewerkschaft würden sich am Montag zu Beratungen treffen. Vorher werde man über das Angebot Stillschweigen bewahren, daran änderten auch die Äußerungen der Bahn nichts. Sollte sich die GDL für die Aufnahme von Verhandlungen entscheiden, gilt zunächst die Friedenspflicht, Streiks wären ausgeschlossen.
Der FDP-Verkehrsexperte Horst Friedrich bezeichnete das Verhalten von Mehdorn als "schwere Provokation" der GDL. Er habe nicht nur die Geheimhaltungsvereinbarung missachtet, sondern auch die Öffentlichkeit mit einer irreführenden Aussage über die neue Offerte getäuscht. Hinter dem Angebot stecke größtenteils erneut die Bezahlung von Mehrarbeit, also eine reine Selbstverständlichkeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!