Doku über neureiche Russen: Rassistische Oase
Die Doku "Rubljovka - Straße zur Glückseligkeit" zeigt Neureiche in Russland. In abgeschotteten Arealen feiern sie dort Feste mit afrikanischen Tänzern oder zünden Häuser an.
Nicht alle Millionäre lassen sich gerne über die Schulter schauen, schon gar nicht in Russland. Diejenigen, die es geschafft haben und ganz oben angekommen sind, siedeln bevorzugt entlang der Rubljovskoer Chaussee - einer Ausfallstraße, die von der russischen Hauptstadt ins Umland führt. Auf Datschen erholten sich hier schon zu Sowjetzeiten hohe Funktionäre vom Aufbau des Sozialismus. Heute residiert hier auch Staatspräsident Wladimir Putin.
Wie es in dieser "Oase des schönen Lebens" zugeht, zeigt der Dokumentarfilm von Irene Langemann "Rubljovka - Straße zur Glückseligkeit". Dabei wurde es der Regisseurin alles andere als leicht gemacht, sich Zutritt zu dem abgeschotteten Areal zu verschaffen. "Dieser Film entstand trotz massiver Behinderungen durch die Moskauer Verkehrspolizei und des russischen Staatssicherheitsdiensts", teilt der Vorspann mit.
Umso erstaunlicher ist, was der doch recht unverhüllte Blick hinter die exklusiven Kulissen alles zu Tage bringt. Trotz spürbarer Distanz ist die Regisseurin dicht dran an ihren Protagonisten, die sie monologisieren lässt.
Da ist die vollschlanke, goldberingte Modedesignerin mit rauchiger Stimme, die sich morgens vom Chauffeur in die Innenstadt fahren lässt und Zobel-Mäntel an die gut situierte Kundin bringt. "Solche wie wir sind der Motor des Fortschrittes. Wir animieren Menschen dazu, noch mehr zu verdienen", sagt sie.
Am Abend leben sich die Reichen und Schönen bei rauschenden Festen wie der Eröffnung der "Saison der russischen Aristokraten" aus. Dort werden zur allgemeinen Volksbelustigung mitunter auch Tänzer aus Afrika vorgeführt. Rassismus ist auch in der Rubljovka allgegenwärtig.
Das bekommen auch die Arbeiter aus Zentralasien zu spüren, die auf den Luxusanwesen schuften und täglich von Abschiebung bedroht sind. Opfer einer gnadenlosen Baulandbeschaffung werden auch ältere Menschen. Ihre kleinen Holzhäuser und Schuppen werden einfach angezündet. "Man hat uns umzingelt, wie Indianer im Reservat. Sie wollen uns ausrotten, je schneller, desto besser", sagt eine alte, ärmlich gekleidete Frau. Ein Plakat an der Straße formuliert es so: "Der Boden von Rubljovka wird nicht für alle reichen."
Angesichts der fast unwirklich wirkenden bunten Glitzerwelt, in der das Recht des Stärkeren gilt, überrascht die Einschätzung eines 12-Jährigen. Gefragt, wie es um die Demokratie in Russland bestellt sei, antwortet er: "Die Meinungsfreiheit wurde bei uns abgeschafft und das ist schlecht. Unsere Demokratie muss erst noch frei werden."
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