Süden mit Bali-Ergebnissen zufrieden: "Ein bedeutender Sieg"
Die Beschlüsse der Klimakonferenz werden in Afrika, Asien und Lateinamerika meist positiv gesehen.
Während die Beschlüsse des Weltklimagipfes auf Bali in Deutschland von Politik und Medien überwiegend kritisch kommentiert werden und die USA sich schon wieder von den Ergebnissen distanzieren, sehen viele Länder des Südens die Klima-Beschlüsse positiv.
In Brasilien informierten die Medien ausführlich über den Gipfel. Den Beschluss zur Bali-Roadmap bezeichnete die in der Umweltberichterstattung führende Tageszeitung O Estado de São Paulo als "historisch". Mit ihrem Zugeständnis, erst mal "messbare, berichtbare und überprüfbare" Klimaschutzmaßnahmen bei sich zu akzeptieren, hätten die Länder des Südens die USA um ihr Hauptargument und zum Einlenken gebracht, scheibt das Blatt.
Den Vorschlag Brasiliens zu einem freiwilligen Regenwaldfonds, über den Firmen und Länder des Nordens zum Schutz Amazoniens beitragen können, kritisierte der Umweltpolitiker José Goldemberg hingegen als "naiv". Die Position von Präsident Lula, wonach Schwellenländer jetzt das "historische Recht" hätten, ungebremst zu emittieren, sei verkehrt.
In Indien sprach Wissenschaftsminister Kapil Sibal, der die Bali-Delegation leitete, von einem "historischen Durchbruch", weil die USA erst mal die Notwendigkeit "tiefgreifender Emissionsschritte" anerkannt haben. Indien hätte sich als Sieger fühlen können, gelang es dem Land doch zusammen mit China, für den zweit- und den viertgrößten CO2-Verursacher verbindliche Vorgaben zu verhindern. Doch inzwischen hat das Land begriffen, dass "der indische Elefant bald nichts mehr zu essen haben wird, wenn er weiterhin seine Ressourcenbasis zertrampelt", wie sich der Historiker Sunil Khilnani ausdrückte. Der Vorsitzende des Weltklimarats IPCC, der Inder Rajendra Pachauri, unterlegte dieses Bild mit Zahlen: Durch die Erwärmung um 0,68 Grad sei die Weizenproduktion in Indien um fünf bis zehn Prozent zurückgegangen.
Auch in Afrika sind die Beschlüsse des Bali-Gipfels überwiegend begrüßt worden. Von einem "positiven Klimawandel" in der Weltpolitik sprach Ruandas einzige Tageszeitung New Times, und von Senegal bis Südafrika sind die Kommentare einhellig: Der ärmste Kontinent der Welt dürfte überproportional von den versprochenen Ausgleichszahlungen und Programmen zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels profitieren.
Elizabeth Lwanga, Vertreterin des UN-Entwicklungsprogramms UNDP in Nairobi, sagte, die UNO werde ihre Entwicklungszusammenarbeit mit afrikanischen Ländern fortan an Klimawandelprogramme knüpfen. Der geplante internationale Anpassungsfonds dafür entspricht den Wünschen Südafrikas als Verhandlungsführer der G-77-Staaten, dem Block der Entwicklungsländer bei der Konferenz. Sehr wichtig war aus südafrikanischer Sicht, den Entwicklungsländern die Mehrheit im Fondsvorstand zu überlassen und den Fonds von bestehenden Weltbankeinrichtungen getrennt zu halten. Das sei "ein bedeutender Sieg für die Entwicklungsländer", sagte Südafrikas Umweltminister Marthinus van Schalkwyk.
Der wichtigste Eigenbeitrag, den Afrika leisten könnte, wäre der Schutz des zentralafrikanischen Regenwaldgürtels im Kongo-Flussbecken. Insofern freuen sich die Länder dieser Region über die auf Bali besprochene Einbeziehung von Waldschutzmaßnahmen in die Berechnungen des CO2-Ausstoßes und die damit verbundene Möglichkeit, Tropenwaldschutz in der Zukunft in den Emissionshandel aufzunehmen. Seit Jahren fordert die Demokratische Republik Kongo einen finanziellen Ausgleich in Milliardenhöhe dafür, ihre Regenwälder nicht zur Abholzung freizugeben. Manchen gingen die Beschlüsse auf Bali allerdings nicht weit genug. Uganda bemängelte, es gebe keine bindende Vereinbarung zum Transfer sauberer Energietechnologie.
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