piwik no script img

Klagen gegen illegale MusikdownloadsJeden kann es erwischen

Jeder Musik-Kunde ist ein potenzieller Dieb, glaubt die Industrie und verfolgt die Strategie der massiven Abschreckung. Plattenfirmen verklagten 2007 Zehntausende.

Wer kopiert, hat meist schon Unrecht. Bild: ap

Plötzlich lag das Schreiben im Briefkasten, und Klaus Mansin* war ein Krimineller. Er hatte sich des Diebstahls von Musik schuldig gemacht. In großem Stil. Das stand jedenfalls in dem Brief von der Staatsanwaltschaft. Ungefähr 500 Songs waren es, die er in einer Peer-to-Peer-Tauschbörse zum Download zugänglich gemacht hatte - weniger absichtlich, sondern eher aus einer Mischung aus Versehen und technischem Unverständnis. Nun aber, drohte ihm der Brief, sollte er der Musikindustrie 1.000 Euro schuldig sein - pro Song.

Natürlich, sagt Mansin heute, sei ihm klar gewesen, dass das, was er da getan hatte, "nicht ganz legal ist". Er hat all die Jahre zwar immer weiter ganz offiziell Musik erworben, aber längst fand er CDs eigentlich zu teuer. Als Bühnenarbeiter an einem Theater in Berlin ist sein Einkommen zwar sicher, aber nicht üppig. Das kostenlose Download aus dem Internet war bequem, technisch selbst für einen Laien wie ihn problemlos, zudem noch völlig umsonst und nicht zuletzt, wie er glaubte, weitgehend ungefährlich. "Ich habe immer gedacht, es wird mich schon nicht erwischen", erinnert er sich, "es gibt doch Millionen andere Nutzer."

Tatsächlich. Und viele von denen tun nichts anderes als Mansin. Nach Schätzungen des Bundesverbandes der phonografischen Wirtschaft e. V. (Bundesverband Phono) wurden 2006 allein in Deutschland mehr als 400 Millionen Musiktitel über Tauschbörsen aus dem Internet heruntergeladen, weltweit sollen es sogar 20 Milliarden sein. Der Großteil dieser Titel ist urheberrechtlich geschützt, das Download mithin illegal. Das Unrechtsbewusstsein allerdings ist nicht allzu ausgeprägt: "Ich sehe das auch heute nicht als besonders kriminell an", sagt Mansin. Man nimmt ja, wenn man Musik klaut, niemandem etwas weg. Die Musik wird kopiert, und der andere hat sie ja immer noch. Dass Musiker, auch durchaus bekannte, mittlerweile von ihren Plattenveröffentlichungen nicht mehr leben können, das ist den meisten Konsumenten egal.

Jahrelang hat die Musikindustrie vor allem mit Moralkampagnen und Lobbyarbeit versucht, das fehlende Unrechtsbewusstsein in der Bevölkerung wieder neu zu installieren und den schleichenden Wertverfall der Musik aufzuhalten - ohne großen Erfolg. Im April 2007 stellte der damalige Phonoverbandsvorsitzender Michael Haentjes fest: "Weil eine Festplatte immer gleich viel wiegt - egal ob 100, 1.000 oder 10.000 Musikdateien darauf gespeichert sind - geht schleichend das Gefühl für den Wert von Musik verloren."

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Industrie längst die Strategie geändert. Von nun an ging man mit härteren Bandagen gegen den ihrer Meinung nach hauptsächlichen Grund für die dramatischen Umsatzeinbußen vor: Seit ungefähr drei Jahren werden Downloader nun auch mit juristischen Mitteln verfolgt. Hierzulande, verkündete der Phonoverband stolz, wurden allein im ersten Quartal des vergangenen Jahres mehr als 15.000 Strafverfahren eingeleitet, Mitte des Jahres waren es schon 25.000. Auch Klaus Mansin erhielt eine Woche nach dem Schreiben der Staatsanwaltschaft einen Brief von einem Rechtsanwaltsbüro, das beauftragt war von Plattenfirmen wie Sony BMG, EMI, Universal, Warner und Edel Records: Er solle 5.000 Euro überweisen und eine Unterlassungserklärung unterschreiben. Mansin geriet in Panik und löschte alle Songs, freigegeben oder nicht, von seiner Festplatte. Allzu sinnvoll, das weiß er heute, war diese Aktion nicht. Das Rechtsanwaltsbüro hatte in Kopie eine Liste der auf seinem Rechner befindlichen, freigegebenen Musiktitel beigelegt.

Demnächst, so will es die Musikindustrie, soll es so weit erst gar nicht kommen. Die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI), der internationale Dachverband der Musikindustrie, hat eine neue Lobbyinitiative gestartet. Die IFPI beklagt in einem im Internet einzusehenden Papier das unzureichende Entgegenkommen der Internetprovider bei der Lösung ihrer Piraterieprobleme. Sie will man in der Zukunft noch mehr in die Pflicht nehmen. Nicht nur sollen sie wie bisher die Identität ihrer Kunden schon bei Verdacht enthüllen. Fortan sollen die Provider bereits den Datentransfer in Tauschbörsen unterbinden, sobald illegale Dateien im Spiel sind. Die technischen Möglichkeiten dazu wären, so die IFPI, durchaus "durchführbar und kostengünstig". Schließlich, so die Argumentation des Interessenverbandes, gebe es ja bereits jetzt entsprechende Filter, um gegen Spam-Mails vorzugehen. Im Idealfall, so die Zukunftsvision, wird beim Start eines Downloads sofort mit einer Datenbank abgeglichen, ob die Datei - egal ob Musik oder Film - urheberrechtlich geschützt ist. Ist das der Fall, ständen zwei Optionen zur Verfügung: das Herunterladen automatisch abzubrechen oder sogar die betreffende Website zu blockieren. Diese Maßnahmen, so das Papier, würden "die Internetpiraterie dramatisch reduzieren". Immerhin gibt die IFPI zu, dass "keine Technologie allein das Piraterieproblem zu 100 Prozent lösen kann". Aber immerhin soll der Downloader in der schönen neuen Digitalwelt, die der Unterhaltungsindustrie vorschwebt, so gut wie möglich vor sich selbst geschützt werden. Mansin kann das verstehen: "Irgendwann", erinnert er sich, "wurde das Runterladen zum Sport."

Diesen Sport übt er nun nicht mehr aus. Mit dem Rechtsanwaltsbüro einigte er sich auf einen Vergleich. Er akzeptierte 2.000 Euro Schadenersatz und Aufwandsentschädigung, vereinbarte Ratenzahlung und unterschrieb die Unterlassungserklärung. Schriftlich versicherte er damit den klagenden Plattenfirmen, ihre Produkte nicht mehr "im Internet Dritten verfügbar zu machen oder sonst wie auszuwerten".

Mit solch einem Vergleich endet der überwiegende Teil der eingeleiteten Strafverfahren. Die in die Fänge der Juristen geratenen Downloader sind wie Mansin froh, "glimpflich davongekommen zu sein", und fühlen sich "als Pechvogel". Es ist das Prinzip Abschreckung: Die Musikindustrie will, so hat sie ganz offiziell verkündet, möglichst flächendeckend Strafverfahren einleiten, sodass irgendwann jeder potenzielle Kunde einen ertappten Downloader kennt oder zumindest von einem gehört hat. Dass sehr viele der File-Sharer minderjährig sind, stört da nicht: Haftbar ist der Besitzer des Internetanschlusses, also im Zweifel die Eltern. Jeden, so die übermittelte Botschaft, kann es erwischen.

Kollateralschäden sind da allerdings nicht auszuschließen: Anfang Dezember sprach das Amtsgericht Hamburg-Altona einen angeblich straffällig gewordenen Musikfreund nicht nur frei, sondern verurteilte sogar die klagenden Plattenfirmen auf Schadenersatz. Offensichtlich hatte es einen Fehler beim Provider gegeben: Durch einen Zahlendreher in der IP-Adresse wurden die illegalen Downloads dem falschen File-Sharer zugeordnet.

Solche und ähnliche Probleme dürften gehäuft auftreten, wenn die Musikindustrie mit ihren Wünschen durchkommen sollte und demnächst schon beim Versuch eines Downloads gegen potenzielle Übeltäter vorgeht. Wenn dann automatisch Datenverkehr unterbrochen wird und womöglich sogar Websites gesperrt werden, wird es unweigerlich auch Unbeteiligte treffen. Den Unterhaltungskonzernen scheint nicht klar zu sein, welche Klagewelle da auf sie zurollen könnte. Man stelle sich nur vor, die Homepage eines angesehenen Onlineshops ginge vom Netz, weil einer der Mitarbeiter den Fehler begeht, die von zu Hause mitgebrachte Beatles-CD zum Download freizugeben, die er auf seinen Rechner geladen hatte, um sich mit ihr die Arbeitszeit zu verkürzen.

Schon jetzt sind die Strafverfahren ein einträgliches Geschäft. Nicht unbedingt für die Musikindustrie, die ihre Umsatzverluste kaum mit dem Geld aus den Vergleichen wird kompensieren können. Aber doch zumindest für von ihr beauftragte Anwaltsbüros, besonders für die Kanzlei des Hamburger Rechtsanwalts Clemens Rasch. Der ist außerdem Geschäftsführer der Firma proMedia, die auf ihrer Website damit wirbt, "Urheberrechtsverletzungen im Bereich Musik" zu ermitteln. Ihre Methoden: "Onlineermittlung" und "Internetmonitoring". Aber auch auf Flohmärkten und CD-Shops suchen die Ermittler von proMedia nach illegalen CD-Pressungen. Die ermittelten Fälle schickt proMedia dann weiter an die Kanzlei Rasch, die daraufhin die Strafanträge verschickt. Clemens Rasch, in den einschlägigen Foren längst gefürchtetster Gegner der Internetpiraterie, war von 1998 bis 2003 Justiziar des Phonoverbandes.

Mittlerweile beobachtet proMedia deutschlandweit und systematisch mit mehr als 100 Mitarbeitern das Internet, lädt Musik und Filme herunter, protokolliert die Vorgänge und zeigt dann die Anbieter an. Anbieter aber ist jeder, das ist das Prinzip der Peer-to-Peer-Börsen. Auch hier ist die Botschaft dieselbe: Der große Bruder schaut zu.

Klaus Mansin weiß das jetzt. Deshalb lädt er keine Musik mehr aus dem Internet herunter. Weder illegal noch legal. Illegal, weil ihm aufgrund der Unterlassungserklärung nun "eine astronomische Strafe droht". Legal, weil die offiziellen Downloads meist nicht beliebig kopierbar sind. Stattdessen lässt sich Mansin nun von Freunden CDs kopieren. Das ist zwar umständlicher, aber weitaus sicherer. Illegal ist es trotzdem: Zwar ist auch nach der am 1. Januar in Kraft getretenen Novelle des Urheberrechts die Privatkopie erlaubt. Jetzt verboten aber ist das Umgehen eines Kopierschutzes, so leicht zu knacken dieser auch sein mag. Auch wenn die meisten Brennprogramme einen guten Teil der Antikopiervorrichtungen auf CDs inzwischen automatisch aushebeln, ist es nun theoretisch strafbar.

Der Phonoverband schätzt, dass im Jahr 2006 in deutschen Privathaushalten auf 486 Millionen CDs Musik gebrannt wurde. Zum Vergleich: Verkauft haben die Plattenfirmen in Deutschland 150 Millionen CDs. Wenn all die illegalen Downloads und all die privat gebrannten CDs regulär bezahlt würden, ergäbe das jährliche Einnahmen von insgesamt fast sieben Milliarden Euro, glaubt die Musikindustrie - gut das Vierfache des tatsächlichen aktuellen Umsatzes der Branche. Natürlich ist das eine Milchmädchenrechnung. Niemand will und kann all die Downloads bezahlen. Die Konsumenten sparen, nicht nur an der Musik, aber dort und an anderen Luxusgütern zuerst.

Doch das Problem bleibt weiterhin dasselbe: Der Wert, den Musik hat, ist gesunken. Die Schuld daran tragen die Unterhaltungskonzerne auch selbst. Weil die Qualität ihres Produkts zum Teil erbärmlich ist. Und weil manche von ihnen einerseits Musik immer teurer machen, aber gleichzeitig immer billigere CD-Brenner auf den Markt bringen.

Dieter Gorny, der neue Chef des Phonoverbandes, fordert deshalb ganz neue Konzepte. Musik gehöre wie Wasser, sagte er unlängst in einem Interview, zur Grundversorgung. Wasser bezieht der Konsument von den Stadtwerken in einer Art Flatrate. So etwas, findet Gorny, wäre auch für Musik denkbar. Man sieht, dem Vorsitzenden steht noch einiges an Lobbyarbeit bevor.

"Musik ist mir sehr wichtig", sagt auch Klaus Mansin. Er ist mit Popmusik groß geworden und mag sich ein Leben ohne Wasser ebenso wenig vorstellen wie ohne Musik. Die Frage ist nur: Wie viel will er dafür bezahlen. "Ich glaube nicht, dass die Plattenfirmen das in den Griff kriegen werden", sagt der 47-Jährige. "Die Jugend heute, die kennt sich wunderbar aus und ist doch noch viel besser vernetzt als unsere Generation."

* Name geändert

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • S
    schorsch

    Konsumverhalten als Druckmittel nutzen.

     

    hallo

    nutzt euer Konsumverhalten als (politisches) Druckmittel. Z.B. in dem das nächste auto ein Japaner wird.

    Da freuen sich Politiker und ändern evtl da Ur H R Ges

  • DG
    der gute morgen

    Das Grundproblem ist doch vor allem die Gier der Plattenlabels. Wenn der Preis pro CD von Anfang an bei fairen 20 Mark/10 Euro pro CD gelegen hätte, dann wäre es möglicherweise niemals zu solchen Upload-/Download-/Brennorgien gekommen.

     

    Nun schicken die Firmen ihre entgeisterten Advokatenlegionen los und tun so, als hätten sie die Moral gepachtet. Tatsächlich sollten sie jedem bundesdeutschen Kunden, der ernsthaft 17,50 ? (!) für eine CD auf den Tisch legt, freudig danken und die Füße küssen, denn im Ausland läuft der Hase diesbezüglich zum Teil ganz anders. Jenseits von Oder und Neiße beispielsweise interessiert sich wirklich kein Schwein für Urherberrechte. In einer hier nicht erwähnten Stadt war zu bestaunen, wie ein CD-Dreierpack mit über 20 Alben (MP3-Format) eines sehr bekannten amerikanischen Künstlers für 3 ? verkauft wurde.

     

    Guten Morgen.

  • LC
    Luciano Cerezo

    Wenn die Produkte der Plattenindustrie angeblich so schlecht sind, warum begeben sich dann so viele in die Illegalitaet oder zumindestens in die rechtliche Grauzone, um sie zu bekommen?

    Nur mal so als Denkanstoss zu einem meiner Meinung nach sehr duennen Argumenten, das aber sehr haeufig Verwendung findet.

  • H
    Habe_nix

    Was ist wenn ich meine Musik - Dateien heimlich auf einen Server (ohne Absender) in Nordkorea oder der Mongolei schicke und Jeder von Dort meine Musik Downloaden kann? dann hat Rasch und Co zwar eine IP Adresse aber kann nichts machen und Herr Kim hat Beste Werbung für sein Gesellschafts - system?

    Und was ist wenn man nur ALG 2 bekommt? Geht man dann ins Gefängnis wenn man eine Geldstrafe von den 347,-? Monatlich nicht Bezahlen kann?

    Und was ist wenn sich nur fünf Prozent der 7,5 Millionen Internet-Tauschbörsen-Nutzer in Deutschland (lt. Bitkom) sich weigern irgendetwas zu Bezahlen? Kommen dann 375000 Menschen (die Einwohnerzahl einer kleinen Großstadt)für drei Jahre ins Gefängnis?

    Oder will Die Unterhaltungs - Industrie nur die Marktgesetze von "ANGEBOT und NACHFRAGE" mit Hilfe von Lobbyisten; Geldgierigen Rechtsanwälten und Wachsweichen Politikern aushebeln?

  • A
    ast

    mir ist auch ein Fehler in folgendem Satz aufgefallen:

    Mit solch einem Vergleich (der Zahlung von 2000?) endet der überwiegende Teil der eingeleiteten STRAFverfahren.

     

    Hier ist was durcheinandergeraten: Vom Strafverfahren bekommt der Beklagte oft gar nichts mit, nämlich weil es oft eingestellt wird. Manchmal schreibt der Staatsanwalt einen Brief an den Beklagten, um ihm das mitzuteilen. Bei einer hohen Anzahl von Dateien gibt es im Strafverfahren auch ein paar Sozialstunden für die Teenies oder die Zahlung einer Spende, nur ganz ganz selten wirklich eine Strafe! Das Strafverfahren wird von Rasch & Co nur angeregt, um nach dessen Einstellung vom Staatsanwalt die IP-Adresse des Users zu erfahren und um dann ein ZIVILverfahren anzufangen. In diesem (nicht im Strafverfahren!!) schlagen Rasch & Co erstmal einen Vergleich vor und wenn du die Unterlassungserklärung nicht unterschreibst, zerren sie dich vor Gericht.

    Und zum Thema Rechtsverständnis:

    Die typischen "Delinquenten" sind Eltern als Anschlussinhaber, deren Kinder sich nicht über die Konsequenzen ihres Tuns im Klaren sind. Ebenso kann es dir passieren, dass jemand sich in dein WLAN-Netz, das du unzureichend gesichert hast, einloggt und DU als Anschlussinhaber bist dran.

    Ebenso stoßen die sehr hohen Summen bitter auf. Es handelt sich ja um einen "Erstverstoß", da müssen ja wohl keine Existenzängste ins Spiel kommen. Die Vergleichssumme wird außerdem nicht nach Schadensersatz und Anwaltsgebühr aufgeteilt. Wahrscheinlich auch aus dem Grund, dass es sehr schwierig ist, die Höhe des Schadens nachzuweisen. Es besteht der starke Verdacht, dass Rasch &Co die ganze Kohle einstreichen und langsam aber sicher zu Millionären werden.

  • A
    ast

    Ein wichtiger Punkt ist in dem Artikel auch falsch dargestellt worden:

    Mit einem Vergleich (der Zahlung von 2000?) endet der überwiegende Teil der Strafverfahren.

     

    Das Strafverfahren, dass vom Staatsanwalt eingeleitet wurde endet meist schon viel früher und wird in aller Regel wegen mangelndem Interesse eingestellt (manchmal muss ein Jugendlicher ein paar Sozialstunden ableisten). Von dem Strafverfahren erfährt der Beklagte meist gar nichts; manchmal erhält man einen Brief, dass es eingestellt worden ist. Das Strafverfahren wird von Rasch & Co nur angeregt, damit er nach dessen Einstellung vom Staatsanwalt die IP-Adresse erhält, um dann ein ZIVILverfahren anzufangen. Und in diesem bietet Rasch zunächst einen Vergleich an und zieht einen, wenn man die Unterlassungserklärung nicht unterschreibt vor Gericht. Aber mit dem Strafverfahren hat das überhaupt nichts mehr zu tun!!!

    Und in Bezug auf das Rechtsverständnis:

    Oftmals werden Eltern belangt, deren Kinder diese Tauschprogramme nutzen, ohne über die Konsequenzen Bescheid zu wissen. Die Höhe der Zahlungen, die von Rasch & Co verlangt werden sind außerdem sehr hoch, dafür dass es sich ja um einen "Erstverstoß" handelt. Abschreckung: schon klar, aber muss das wirklich in Existenzängste münden?! Weiterhin wird der Vergleich nicht aufgedröselt in Schadensersatz-Forderung und Anwaltshonorar (von Rasch). Wahrscheinlich auch, weil der tatsächliche Schaden schwer nachzuweisen ist. Die Vermutung besteht, dass Rasch & Co die gesamte Summe einstreichen und langsam zu Millionären werden

  • FX
    Franz X.

    Schade. Ich war bisher immer restlos überzeug vom Format der TAZ, seit dem ich den Artikel über die Musikindustrie und einen anonymen Betroffenen gelesen hab, bin ich ziemlich enttäuscht, weil:

    Sie erkennen die Lage nicht.

    Musik ist längst zum freien Medium geworden - und das sollte auch in Zukunft so sein.

    Die Künstler leben vom Verkauf der Platten? - Weit gefehlt! Kein Musik-Künstler der nicht wirklich dauerhaft in den Top-10-Alben-Charts ist, kann von den Einnahmen leben! Das liegt zwar größtenteils an den unverschähmten Plattenlabels, die das meiste Geld einsacken und immer gieriger werden, aber auch an den Künstlern selbst. Jeder die ein bisschen Gripps hat, weiß dass Musikgruppen oder Künstler das meiste Geld mit Tourneen oder ähnlichen Aktionen verdienen.

     

    Desweiteren schreiben Sie in Ihrem Artikel, allgemein über Tauschbörsen, leider erklären Sie nicht explezit den rechtlichen Zusammenhang. Es kommt speziell auf die Art der Benutzung einer File-Sharing-Oberfläche an! So macht man sich nicht automatisch strafbar, wenn man über eine Tauschbörse Musik lädt. Es kommt auf das "bereitstellen" an (upload). Vielleicht sollte auch erwähnt werden, dass es bereits tausende wirksamere Möglichkeiten gibt Musik zu tauschen, die ebenso wahrgenommen werden, und das mit Erfolg, siehe One-Klick-Hoster.

     

    Mit freien Grüßen

    FX

  • C
    Chris

    Ich finde es immer wieder amüsant, wie das Rechtsverständnis im Falle von illegalen Downloads variert. Es würde doch niemand ernsthaft bestreiten wollen, dass das Klauen eines Buches sowie das Erstellen von Fotokopien des selbigen und das freie Verteilen dieser eine Straftat darstellt. Warum soll das im Falle von urhebergeschützten Daten anders sein? Leuchtet mir seit Jahren nicht ein. Von daher hält sich auch mein Verständnis für die angeblich unwissenden Erwischten in Grenzen.

  • T
    teiler

    Diejenigen, die sich nicht durch die Propaganda und unverhältnimäßigen Drohungen einer Industrie mit einem veralteten Business-Modell und einem schlechten Produkt abhalten lassen wollen, sollen eben PeerGuardian2 benützen, bis solcher Unsinn endlich Vergangenheit ist.

  • MH
    Marcus Hoffmann

    "Seit ungefähr drei Jahren werden Downloader nun auch mit juristischen Mitteln verfolgt." Es sei darauf hingewiesen, dass dies natürlich nicht stimmt: Verfolgt werden Uploader (wie im Artikel deutlich zu lesen ist).

  • B
    Broxin

    Hat sich der Autor überhaupt ansatzweise mit den deutschen Gesetzen auseinandergesetzt?

    Oder wurden nur Presseerklärungen der Musikindustrie als "Recherche"grundlage verwendet?

    Das Recherchieren im Gesetzt - insb. § 53 UrhG - hätte geholfen.

     

    Der Betroffene war nicht wegen des DOWNLOADS von Musik angeschrieben worden, sondern wegen des ANBIETENS (UPLOAD). Denn ersteres war zumindest bis Ende letzten Jahres erlaubt - auch wenn die Musikindustrie immer wieder versucht hat, ein andere Bild der Rechtslage zu vermitteln.

     

    Das Kopieren von CDs war und ist grundsätzlich legal - auch wenn ihr Artikel und die Industrie immer wieder anderes suggerieren.

    Nicht erlaubt ist nur das Umgehen eines "wirksamen Kopierschutzes". Einen Kopierschutz haben aber nicht alle (und immer weniger) Audio-CDs. Außerdem ist fraglich, ob dieser "wirksam" ist, wenn er durch in Deutschland erhältliche Standartsoftware ignoriert wird (wie wohl im Artikel beschrieben werden soll) und keine speziellen Knackprogramme erforderlich sind.

  • FE
    Frank Eichinger

    Sehr geehrter Herr Winkler,

     

    ich bin überzeugter taz-Leser und auch Genosse, heute war ich von Ihrem Artikel aber recht irritiert, dazu 5 Punkte:

     

    1.) In der Unterüberschrift scheint ein Fehler zu sein. Es heißt da: "2007 wurden Zehntausende von Plattenfirmen verklagt." So viele Plattenfirmen wird es wohl kaum geben. (Ok, das kann ja mal passieren, vielleicht können Sie es ja noch ändern.)

     

    2.) Das Beispiel "Man stelle sich nur vor, die Homepage eines angesehenen Online-Shops geht vom Netz, weil einer der Mitarbeiter den Fehler begeht, die von zuhause mitgebrachte Beatles-CD, die er auf seinen Rechner geladen hat, um sich mit ihr die Arbeitszeit zu verkürzen, zum Download freizugeben." verstehe ich auch als studierter Medienwissenschaftler (mit einer Spezialisierung auf Medien- und Urheberrecht) auch nach mehrmaligem lesen nicht. Wieso soll jetzt eine Klagewelle auf die Musikindustrie zukommen?

     

    3.) Unser Urheberrecht verbietet das Umgehen von Kopierschutz schon seit der letzten Novelle vor ein paar Jahren ("2. Korb") und nicht erst seit 2008.

     

    4.) Der Artikel macht den Eindruck, dass Kopierschutz immer noch ein Problem ist. In der Tat sind heute aber nur noch sehr wenige CDs damit versehen. Von der 70 CDs die ich im letzten Jahr gekauft habe sind weniger als 10% davon betroffen. Ich mag jetzt kein repräsentatives Beispiel sein, Fakt ist aber, dass längst nicht alle Medien geschützt sind und das die Tendenz fallend ist.

     

    5.) Das Beispiel mit dem Wasser von den Stadtwerken als "Flatrate" finde ich ungeeignet, zumeist wird in Deutschland doch auf den Kubikmeter genau abgerechnet. Wer weniger Wasser verbraucht, zahlt auch weniger.

     

    Im ganzen empfehle ich, den Artikel möglichst schnell zu überarbeiten und ihn vorerst vom Netz zu nehmen.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Frank Eichinger

  • A
    arki

    schade das die taz die Propagandathesen so unkritisch übernimmt.