Kommentar: Einfallslose Musikindustrie
Die Phonowirtschaft weigert sich, zu akzeptieren, dass ihr Geschäftsmodell nur noch auf Spendenbasis funktioniert. Lernen könnte sie von der jüngsten Aktion der Band Radiohead.
Die Musikindustrie schafft sich selber ab und bietet dem Publikum dabei ein so bizarres wie faszinierendes Spektakel. Seit der Jahrtausendwende geht der Umsatz massiv zurück, und dem Bundesverband der phonografischen Wirtschaft fällt auch 2008 nichts Besseres ein, als Jagd auf Leute zu machen, die sich illegal Musik herunterladen. Das hat schon nichts genutzt, als der Feind noch Napster hieß. Es wird auch nun nichts nutzen, da die Tauschbörsen Pirate Bay oder BTJunkie heißen. Oder was auch immer an deren Stelle treten wird, wenn diese eines Tages geschlossen werden sollten.
Das Problem ist im Grunde einfach. Die Tonträgerindustrie weigert sich, dem schlichten Umstand ins Auge zu blicken, dass ihr Geschäftsmodell nur noch auf Spendenbasis funktioniert. Wer nicht für Musik bezahlen möchte, muss es nicht. Fast jedes Stück lässt sich ohne große Sucherei auf irgendeiner Tauschbörse finden. Angesichts dessen ist es erstaunlich, dass überhaupt noch jemand für Musik bezahlt.
Dies ist auch das Überraschende, was sich aus der Aktion der britischen Band Radiohead lernen lässt, die im November ihr neues Album "In Rainbows" ins Netz stellte und es dem Hörer überließ, wie viel er für die Stücke bezahlen möchte. Musikliebhaber sind bereit zu zahlen. Mehr als eine Million Leute nahmen das Angebot wahr, durchschnittlich bezahlten sie zwischen drei und vier Pfund, also um die sieben Euro - gut die Hälfte von dem, was eine CD im Laden kostet.
Von einer Industrie, die in wenigen Jahren weit mehr als die Hälfte ihres Umsatzes eingebüßt hat, müsste man eigentlich die Einsicht erwarten können, dass ihr Produkt zu teuer ist und irgendetwas mit dem Vertrieb nicht stimmt. Zumal längst alternative Konzepte entwickelt worden sind, die Idee einer Musikflatrate etwa, bei der man pauschal für das unbegrenzte Downloaden bezahlt. Stattdessen verlässt sich die Phonowirtschaft auf ihre Anwälte und verstrickt sich immer tiefer in einen Kampf, der für sie nicht zu gewinnen ist. Um die großen Plattenfirmen wird man nicht trauern müssen. Um die verlorenen künstlerischen Möglichkeiten, wenn in naher Zukunft niemand mehr das Geld hat, aufwendige Platten zu produzieren, schon.
Kommentar: Einfallslose Musikindustrie
Die Phonowirtschaft weigert sich, zu akzeptieren, dass ihr Geschäftsmodell nur noch auf Spendenbasis funktioniert. Lernen könnte sie von der jüngsten Aktion der Band Radiohead.
Die Musikindustrie schafft sich selber ab und bietet dem Publikum dabei ein so bizarres wie faszinierendes Spektakel. Seit der Jahrtausendwende geht der Umsatz massiv zurück, und dem Bundesverband der phonografischen Wirtschaft fällt auch 2008 nichts Besseres ein, als Jagd auf Leute zu machen, die sich illegal Musik herunterladen. Das hat schon nichts genutzt, als der Feind noch Napster hieß. Es wird auch nun nichts nutzen, da die Tauschbörsen Pirate Bay oder BTJunkie heißen. Oder was auch immer an deren Stelle treten wird, wenn diese eines Tages geschlossen werden sollten.
Das Problem ist im Grunde einfach. Die Tonträgerindustrie weigert sich, dem schlichten Umstand ins Auge zu blicken, dass ihr Geschäftsmodell nur noch auf Spendenbasis funktioniert. Wer nicht für Musik bezahlen möchte, muss es nicht. Fast jedes Stück lässt sich ohne große Sucherei auf irgendeiner Tauschbörse finden. Angesichts dessen ist es erstaunlich, dass überhaupt noch jemand für Musik bezahlt.
Dies ist auch das Überraschende, was sich aus der Aktion der britischen Band Radiohead lernen lässt, die im November ihr neues Album "In Rainbows" ins Netz stellte und es dem Hörer überließ, wie viel er für die Stücke bezahlen möchte. Musikliebhaber sind bereit zu zahlen. Mehr als eine Million Leute nahmen das Angebot wahr, durchschnittlich bezahlten sie zwischen drei und vier Pfund, also um die sieben Euro - gut die Hälfte von dem, was eine CD im Laden kostet.
Von einer Industrie, die in wenigen Jahren weit mehr als die Hälfte ihres Umsatzes eingebüßt hat, müsste man eigentlich die Einsicht erwarten können, dass ihr Produkt zu teuer ist und irgendetwas mit dem Vertrieb nicht stimmt. Zumal längst alternative Konzepte entwickelt worden sind, die Idee einer Musikflatrate etwa, bei der man pauschal für das unbegrenzte Downloaden bezahlt. Stattdessen verlässt sich die Phonowirtschaft auf ihre Anwälte und verstrickt sich immer tiefer in einen Kampf, der für sie nicht zu gewinnen ist. Um die großen Plattenfirmen wird man nicht trauern müssen. Um die verlorenen künstlerischen Möglichkeiten, wenn in naher Zukunft niemand mehr das Geld hat, aufwendige Platten zu produzieren, schon.
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Kommentar von
Tobias Rapp