KOMMENTAR: Busfahrer machen Ver.di Beine
für Ver.di geht es um mehr als ausgleichende Gerechtigkeit. Es geht um die Glaubwürdigkeit und die Zukunftsfähigkeit der Organisation. Kommentar von
Kaum ist der effektive Blitzstreik bei der BVG vorbei, setzt die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di eins drauf: Gibts kein besseres Angebot, schließt sie einen unbefristeten Ausstand nicht aus. Der würde nicht nur die Kunden treffen, sondern auch das stadteigene Unternehmen und damit das Land Berlin - selbst wenn Letzteres zunächst Kosten für nicht erbrachte Leistungen spart. Schon deshalb sollten sich Berlin und BVG auf einen höheren Tarifabschluss einstellen, als sie zunächst dachten. Ver.di meint es ernst, der rot-rote Senat wird nicht geschont.
Denn für Ver.di geht es um mehr als ausgleichende Gerechtigkeit für all die Demütigungen und Lohnsenkungen der vergangenen Jahre. Es geht um die Glaubwürdigkeit und die Zukunftsfähigkeit der Organisation.
Die Gewerkschaft der Lokführer - im Gewerkschaftslager zu Recht für ihren einzelgängerischen Kurs kritisiert - hat vorgemacht, wie weit man es mit klaren Forderungen und hartem Kurs bringen kann. Das ist ein positives Signal, das die kommenden Tarifkämpfe weit über Berlin hinaus beeinflussen wird.
Ver.di hat das Signal verstanden und in sinnvoll differenzierte Forderungen für Alt- und Neubeschäftigte bei der BVG übersetzt. Die Gewerkschaft tut das nicht nur für ihre kampfbereiten Mitglieder, sondern auch aus Selbsterhaltungstrieb. Führe sie einen windelweichen Kurs, liefe sie Gefahr, dass einzelne Berufsgruppen eigenständig handeln könnten - etwa als Gewerkschaft der Busfahrer. Die Folge wären eine Spaltung und Schwächung der Gewerkschaftsbewegung.
Deshalb tritt Ver.di nun die Flucht nach vorn an. Das ist ein Anlass zur Freude: Eine kämpferische Einheitsgewerkschaft ist besser als drei oder vier kleine, die die Unternehmer gegeneinander ausspielen können.
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