Bundesfinanzminister verschärft Bankenaufsicht: Peer Steinbrück will Banken zügeln
SPD-Bundesfinanzminister plant, die Bankenaufsicht zu verschärfen. Die Mittelstandsbank IKB bekommt möglicherweise weitere 200 Millionen Euro vom Bund.
Peer Steinbrück ärgert sich. Damit das auch jeder versteht, wählte der Bundesfinanzminister (SPD) am Freitag in seiner Regierungserklärung vor dem Bundestag sehr klare Worte. Banken hätten "verpackten Sprengstoff" angeboten und "renditehungrige Investoren" damit bedenkenlos herumgespielt. Um eine Finanzkrise wie die gegenwärtige künftig zu bremsen, plädierte Steinbrück für eine bessere Regulierung des Finanzsektors. FDP, Linke und Grüne kritisierten die Vorschläge als unzureichend.
Ausgehend von den USA ist die Finanzkrise seit Mitte 2007 im Gange. US-Banken hatten schlecht abgesicherte Immobilienkredite an private Hauskäufer vergeben und diese als Pakete unter anderem an europäische Institute verkauft. Wegen des Ausfalls vieler Kredite schätzt der Internationale Währungsfonds die Verluste nun auf rund 400 Milliarden Dollar. Auch in Deutschland haben viele Finanzhäuser hohe Abschreibungen zu verzeichnen. Die Mittelstandsbank IKB steht am Rande des Konkurses.
Steinbrück will solchen Turbulenzen künftig vorbeugen. Im Bundestag regte er an, die Bankenaufsicht zu verschärfen. Bisher war es Instituten, beispielsweise einem Ableger der Sächsischen Landesbank, möglich, risikoreiche Geschäfte im Ausland zu verstecken. Sie mussten nicht in der Bilanz ausgewiesen werden, und die deutsche Bankenaufsicht konnte sie nicht überprüfen. Steinbrück versprach nun, "außerbilanziell durchgeführte Transaktionen zukünftig besser sichtbar zu machen". Von den privaten Rating-Agenturen, die die Qualität von Bankgeschäften testieren, verlangte Steinbrück einen neuen Verhaltenskodex. Die Agenturen dürften Banken nicht einerseits bei der Entwicklung neuer Produkte beraten und andererseits die Güte ebendieser Konstruktionen bezeugen. "Das ist so, als wenn die Stiftung Warentest ein Produkt testen würde, an dessen Umsatz sie beteiligt ist", sagte der Minister. Außerdem verwies Steinbrück auf die angelaufenen Versuche, Banken zu verpflichten, risikoreiche Geschäfte mit mehr Eigenkapital abzusichern.
Der Opposition gingen diese Vorschläge des Finanzministeriums nicht weit genug. Hermann Otto Solms (FDP), Fritz Kuhn (Grüne) und Gregor Gysi (Linke) kritisierten einhellig, dass selbst die grundsätzlich mögliche staatliche Kontrolle im Falle der Mittelstandsbank IKB versagt habe. Diese ist teilweise im Besitz der öffentlichen KfW-Bankengruppe, und im Aufsichtsrat der IKB sitzt Jörg Asmussen, ein Abteilungsleiter aus Steinbrücks Ministerium. "Warum hat da die Kontrolle nicht funktioniert?", fragte Gysi, zu Steinbrück gewandt. FDP-Politiker Solms fasste zusammen: "Der Finanzminister ist verantwortlich." Rücktrittsforderungen gegen Steinbrück unterblieben aber.
In seiner Regierungserklärung räumte der Finanzminister ein, dass infolge der Finanzkrise auch mit Problemen für die Bundeshaushalte 2008 und 2009 zu rechnen sei. Da sind zum einen die Steuerausfälle durch geringere Gewinne der Banken - ein Effekt, den vorläufig niemand seriös berechnen kann. Zweitens wird der Bund auf rund 1 Milliarde Euro aus Dividenden unter anderem der Post verzichten, die stattdessen für die Rettung der IKB eingesetzt werden. Und drittens will Steinbrück 200 Millionen Euro "im laufenden Haushalt einsammeln". Mit Blick auf die kommenden Haushaltsverhandlungen für 2009 deutete der Finanzminister an, diese würden "nicht vergnügungssteuerpflichtig".
In seiner Regierungserklärung positionierte sich Steinbrück als Haushaltsminister, der das Geld zusammenhalten muss, aber auch als Anwalt eines handlungsfähigen Staates. Der Versuch, die Bankenaufsicht zu verschärfen, ist nicht nur eine Strategie im Hinblick auf die Finanzkrise, sondert sendet auch ein Signal in die Partei und die Anhängerschaft der SPD. Die Parteilinke wirft Steinbrück vor, einen zu marktfreundlichen Kurs zu verfolgen. Um diese Kritik abzuwehren, fand der Minister am Freitag auch deutliche Worte für seinen Kollegen, Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Ohne diesen namentlich zu erwähnen, lehnte er dessen Ansinnen ab, die Steuern weiter zu senken und damit die Finanzbasis des Staates zu schwächen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!