piwik no script img

Globale Saatgutbank in SpitzbergenArche Noah der Neuzeit

Die größte Genbank der Welt entsteht: Auf minus 18 Grad werden die wichtigsten Pflanzen vor Krieg und Epidemien geschützt werden - für die Ewigkeit.

Reis von den Philippinen ist schon da - 9.999 andere Sorten sollen folgen. Bild: dpa

STOCKHOLM Eine Kiste mit Reis von den Philippinen wurde als Erstes eingelagert. Demnächst werden es 10.000 Reissorten aus 120 Ländern sein. Ebenso wie tausende Sorten von Weizen, Hirse, Mais und Bohnen. Am Dienstag wurde auf der Polarinsel Spitzbergen unter Beisein des norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg und des EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso die globale Saatgutbank "Svalbard Global Seed Vault" eingeweiht. Hier sollen einmal "Sicherheitskopien" aller für die Landwirtschaft wichtigen irdischen Gewächse lagern.

"Eine Art Arche Noah der Neuzeit" nennt der norwegische Landwirtschaftsminister Terje Riis-Johansen das Lager: "Nur die Bewahrung umfassender genetischer Vielfalt kann Anbau unter unterschiedlichsten Natur- und Klimaverhältnissen auf der Erde sichern." Die Genbank soll Grundlagen für neue Zuchten liefern, wenn Samen durch Klimaveränderungen, Naturkatastrophen, Pflanzenkrankheiten oder genmodifiziertes Saatgut verändert werden oder ganz verschwinden sollten.

Und sie soll in der weltweiten Kette anderer Saatgutlager und Sammlungen eine Art "letztes" Sicherheitslager sein, falls diese durch Epidemien, Krieg oder Terror zerstört werden würden. Die bislang auf der Welt bestehenden Samenbanken sollen durch das Spitzbergen-Lager also nicht ersetzt, sondern ergänzt werden. Viele Pflanzen lassen sich auch nicht tiefgefroren konservieren, sondern nur in Gewächskulturen aufbewahren.

Initiatoren und Financiers des Projekts sind der norwegische Staat und die UN-Welternährungsorganisation FAO. 6,5 Millionen Euro hat der Bau gekostet, die jährlichen Betriebskosten werden auf 60.000 Euro geschätzt. Die Wahl fiel auf Spitzbergen, weil die 800 Kilometer vom Nordpol entfernt liegende Insel schwer zugänglich ist.

Im Irak wie in Afghanistan waren in den vergangenen Jahren im Gefolge militärischer Auseinandersetzungen Samenbanken zerstört oder geplündert worden. In Spitzbergen ist dagegen aufgrund internationaler Abkommen jegliche militärische Aktivität verboten. Außerdem sorgen das dort herrschende Klima mit Jahresdurchschnittstemperaturen deutlich unter Null Grad für Permafrost im Boden. So lassen sich die Kühlkosten in Grenzen halten. Auch hat man hier schon Erfahrungen mit einer Saatgutbank sammeln können: Eine kleinere Anlage, in der rund 20.000 Samen aus den skandinavischen Ländern lagern, gibt es auf Spitzbergen bereits seit zwei Jahrzehnten in einer stillgelegten Kohlengrube.

Verschlossen mit drucksicheren Türen, sollen die 150 Meter tief in einen Berg hineingesprengten Lager nahe der Inselhauptstadt Longyearbyen auf minus 18 Grad gekühlt werden. Ein Stromausfall werde das in Aluminiumfolie eingepackte Saatgut nicht schädigen, verspricht Projektleiterin Grethe Helene Evjen: "Ein Lager, wenn schon nicht für die Ewigkeit, dann aber vermutlich das sicherste, das es bislang gibt." Auch in 200 Jahren rechne man hier noch mit Permafrost.

4,5 Millionen Samensorten sollen hier einmal lagern - das gibt es sonst nirgends. Knapp 300.000 sind bereits eingetroffen. 120 Staaten haben das Angebot bislang angenommen, Saatgut kostenlos einzulagern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • W
    wiebke

    interessanter Link - der Name Monsanto sagt eigentlich alles.

    Eingelagertes Saatgut nützt gar nichts, wenn die Wachstumsbedingungen sich langfristig ändern. Also von vornherein eine sehr fragwürdige Sache - wie praktisch alle Stiftungen von Seiten der schwerreichen Liga.

    In dem Punkt könnten die uneigennützigen stiftungswütigen Biokrieger noch von den Ökobauern lernen, die solchen Saatgutbanken sehr zwiespältig gegenüberstehen. Es sind Museen, mehr nicht.

  • D
    daledo

    Schon erstaunlich: Nicht mal die "tageszeitung" weiß es - oder wagt es zu berichten, dass hinter dieser Saatgutbank viele Millionen Dollar Investitionsgelder des Monsanto-Konzerns und der Rockefeller-Stiftung stecken!

     

    Monsanto möchte damit seine Terminator-Saatgut-Kampagne weiter voranbringen und die Rockefeller-Stiftung ihr Eugenik-Programm. Waaas, Eugenik??! Ja, die rassische Auslese der Menschheit.

     

    Wer das jetzt nicht glauben kann, der lese einfach weiter bei William Engdahl, einem investigativen US-Journalisten, bei dem auch für die "taz" schreibende Leute noch was für ihre Recherche lernen können:

     

    www.engdahl.oilgeopolitics.net/Auf_Deutsch/Saatgutbank_des_Bill_Gates_in_/saatgutbank_des_bill_gates_in_.HTM

     

    Kurzum: Wenn die "taz" schon größer über diese Samenbank auf Spitzbergen berichtet, dann bitte vollständig. Alles andere ist grobe Irreführung!