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BVGTarifkontrahenten bocken weiter

Vor dem abendlichen Gespräch zeigen sich die Tarifparteien weiterhin unversöhnlich. Ver.di schließt einen kurzfristigen Streik am Wochenende nicht aus, die Arbeitgeber verlangen eine Vorwarnfrist.

BVG-Kunden sollten sich am Wochenende sicherheitshalber auf einen erneuten Streik einstellen. Kurz vor den Verhandlungsgesprächen am Freitagabend zeigten sich die Tarifparteien weiter unversöhnlich. "Unsere Positionen sind immer noch Lichtjahre voneinander entfernt", sagte Andreas Splanemann, Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di.

Der Gewerkschafter bezweifelt, dass die Arbeitgeberseite echten Willen zur Einigung mitbringt. Seine Vermutung: "Die wollen nur taktieren, sind aber an einer Tarifeinigung nicht interessiert." Eine gütliche Einigung im Gespräch käme einem "Wunder" gleich, sagte Splanemann. Sollten die Verhandlungen scheitern, sei die Gewerkschaft "ab Freitag null Uhr streikbereit". Wann und in welchem Umfang gestreikt werden könnte, steht noch nicht fest. An eine mindestens 24-stündige Vorwarnfrist fühlt sich Ver.di im Arbeitskampf nicht gebunden. Das Berliner Arbeitsgericht hatte vor einer Woche diese Frist festgelegt. Dagegen legte die Gewerkschaft Widerspruch ein.

Die BVG will einen Streik am Samstag, dem Tag des DFB-Pokalendspiels, möglichst vermeiden. Von den durch den Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) vermittelten Gespräch erwartet die Arbeitgeberseite aber auch keine Wunder. Zu festgefahren sind die Positionen im Streit über Lohnerhöhungen für Alt- und Neubeschäftigte der BVG und ihrer Tochterfirma Berlin Transport.

"Wir freuen uns über die Gesprächsbereitschaft und hoffen, dass noch etwas Luft in den Verhandlungen ist", sagte BVG-Sprecher Klaus Wazlak kurz vor der auf 18 Uhr angesetzten Vermittlungsrunde. Einzige Gesprächsbasis bliebe aber der jüngste Tarifabschluss von Potsdam für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen. In Potsdam wurden ein Lohnzuwachs von 3,1 Prozent in diesem Jahr, 2,8 Prozent im kommenden Jahr, Einmalzahlungen sowie verlängerte Arbeitszeiten vereinbart.

Prinzipiell fühlt sich auch Ver.di an diesen Abschluss gebunden - allerdings unter anderen Vorzeichen. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), der auch Aufsichtsratsvorsitzender der landeseigenen BVG ist, will die Ergebnisse von Potsdam nur für die seit 2005 sogenannten Neubeschäftigten anwenden, die deutlich weniger verdienen als die Altbeschäftigten. Dies weist die Gewerkschaft zurück. Sie verlangt zwischen 3 und 9 Prozent mehr Lohn für die beiden Gruppen der sogenannten Alt- und Neubeschäftigten. Zwischen den dafür benötigten rund 60 Millionen Euro und den zuletzt von Arbeitgeberseite angebotenen 24 Millionen lägen "Welten", sagte Splanemann.

Ver.di wollte dagegen bislang eine Summe von 24 Millionen Euro ohne Lohnnebenkosten. Das entspricht Erhöhungen zwischen 5 und 10 Prozent, im Durchschnitt lägen sie bei knapp 6 Prozent. Laut Senat lägen die Gesamtausgaben für das Unternehmen dann aber bei 34 Millionen Euro, einer Summe, die Sarrazin ablehnt. Erst am Donnerstag hatte der Finanzsenator weitere Annäherungen deutlich ausgeschlossen: Das bisherige Angebot des Senats bleibe nicht ewig auf dem Tisch, drohte Sarrazin.

In der seit drei Monaten andauernden Tarifauseinandersetzung waren die Verhandlungen mehrfach unterbrochen oder für gescheitert erklärt worden. Beide Seiten bewegten sich zwar etwas aufeinander zu, konnten sich aber auf keinen Kompromiss einigen. Eine Lösung, die Anfang April nach geheimen Verhandlungen in Bad Saarow gefunden worden war, wurde nicht umgesetzt. Der BVG-Vorstand und Sarrazin lehnten sie als zu teuer ab. Auch ein zwölftägiger Streik, der U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen weitgehend lahmlegte, führte nicht zu einer Annäherung. Für die nächsten Tage hat sich die BVG schon einmal auf einen Notfallplan vorbereitet. S-Bahnen fahren auf jeden Fall nach Plan.

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