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Verhandlungen geplatztIraks Ölindustrie muss weiter darben

Der Irak will seinen Ölmarkt für ausländische Investoren öffnen - doch bislang blieben die Verhandlungen ohne Ergebnis.

Nach Jahren des Krieges und der Sanktionen könnte Iraks Ölindustrie eine Finanzspritze gut gebrauchen. Bild: dpa

KIRKUK taz Die irakische Regierung will ihre marode Ölindustrie mit Hilfe von ausländischen Investoren auf Vordermann bringen. Wie Bagdad am Montag bekannt gab, will sie sechs der größten Ölfelder des Landes für Angebote ausschreiben. Mehr als 35 Ölkonzerne sind gemäß einer Regierungsliste dazu berechtigt, unter ihnen die großen im internationalen Ölbusiness wie BP, Shell, ExxonMobil, Chevron und Total.

Damit hätten die Ölmultis erstmals seit der Verstaatlichung der irakischen Ölindustrie wieder einen Fuß in der Tür des Irak, dessen Ölreserven auf über 150 Milliarden Barrel geschätzt werden. Zu den Ölfeldern gehört auch Kirkuk. Die Hoffnungen des Direktors der North Oil Company in Kirkuk, einer der beiden grossens staatlichen irakischen Ölgesellschaften, dass er seine Födermenge schon bald um 150.000 Barrel pro Tag steigern kann, haben sich bisher aber nicht erfüllt. Derzeit liegt die Föderquote bei 600.000 Barrel täglich, und damit um einen fünftel über dem Niveau vor dem amerikanischen Einmarsch im Jahr 2003. Landesweit will der Irak die Födermenge noch in diesem Jahr auf 4,5 Millionen Barrel täglich steigern, und damit damit den jetzigen Output fast verdopplen. Eine weitere Steigerung sei jedoch nur mit Hilfen von auländischen Investionen zu erreichen, sagt Obeidi im Gespräch mit der taz.

Monatelang hatte die irakische Regierung mit ausländischen Ölkonzernen über sogenannte Serviceverträge verhandelt. Doch die geplante Vertragsunterzeichnung ist ins Stocken geraten, wie die Regierung in Bagdad am Montag mitteilte. Die Ölmultis hätten die Verträge wegen der zu geringen Gebühren, die ihnen vom Irak für die Beratung in Aussicht gestellt wurden, abgelehnt, sagte Ölministerium Hussein Shahristani. Bagdad habe reine Beraterverträge abschließen wollen, bevor es langjährige Verträge über die Erschließung und Förderung geben werde. Bereits im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung war freilich harsche Kritik an den Verträgen laut geworden. So gab es keine Ausschreibung, das Ministeriums begründete dieses Vorgehen mit der bisherigen Beratung durch einige westliche Konzerne.

Darüber hinaus veröffentlichte die Regionalregierung des kurdischen Teilstaats im Norden des Landes eine von ihr in Auftrag gegebene Studie, die dem Ölministerium in Bagdad ein katastrophales Zeugnis ausstellt. Gemäß der Studie brächten Serviceverträge dem Irak Verluste in Höhe von Hunderten Millionen von Dollar. Bei geschätzten Vorkommen in Höhe von 30 Milliarden Barrel und einem Ölpreis von 100 Dollar läge der Verlust bei 450 Milliarden Dollar, sollten reine Serviceverträge abggeschlossen werden. Die festgeschriebenen Gebühren verhinderten, dass Investoren das beste Know-how zum Einsatz bringen, heisst es in der Studie. Die Kurden haben in den vergangenen Jahren mit mehr als 20 kleineren und mittleren Ölfirmen Verträge unterzeichnet, bei die Unternehmen an der Ölförderung beteiligt wird. Bagdad lehnt diese Verträge ab und hat etliche Firmen auf die schwarze Liste gesetzt. Um die irakische Ölindustrie nach Jahren der Kriege und Sanktionen wieder auf Vordermann zu bringen, braucht es Investitionen in Milliardenhöhe. Obeidi schätzt sie allein für Kirkuk auf 10-15 Milliarden Dollar. Am Streit zwischen Bagdad und den Kurden ist bisher jedoch die Verabschiedung des Ölgesetzes gescheitert. So schielen die Ölmultis zwar auf den lukrativen irakischen Markt. Doch die hoch qualifizierten Fachkräft sind mittlerweile rar. Ohne Rechtssicherheit wollen sie die Ölkonzerne Investitionen und schon gar nicht ihr Personal unabwägbaren Risiken aussetzen.

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